Bevor ich dazukomme, den Rücktrittstext ins Deutsche zu übersetzen und ihn unter Bezugnahme auf das Kirchenrecht zu kommentieren, möchte ich auf den Dialog zwischen Herrn Arthur H. Lambauer und mir verweisen, wo ich versucht habe, in den letzten 10 bis 15 Kommentaren alles Wesentliche zusammenzufassen.
Ist die Rücktrittserklärung Benedikts XVI. vom 11. Februar 2013 rechtsgültig?
Vielleicht hier noch einige Überlegungen, die ich vorerst noch erwähnen möchte:
Ein Pfarrer sagte mir, als er noch Kaplan war, dass die Bischöfe kaum noch Latein können. Am besten sei es noch mit den deutschen, obwohl sie modernistisch sind. Da sie aber modernistisch sind, sage ich, haben sie nicht die Absicht zu erkennen, dass der lateinische Text gar keinen Rücktritt Benedikts XVI. von seinem Amt enthält.
Nun, es gibt dennoch auch wenige konservative Bischöfe, und es gibt die Piusbruderschaft, die alles Sakrale auf Latein vollzieht. Wieso erkennen dann diese nicht, dass der Rücktritt kein Rücktritt war? Ich hatte Herrn Schmidberger am Freisinger Bahnhof persönlich getroffen, und ich nutzte die Gelegenheit, ihn über den "Rücktritt" Benedikts zu befragen. Für mich ein wenig überraschend ist er ein Vertreter der "Pimmel-Theorie", wie ich seine Stellungnahme charakterisieren möchte. Wie fast alle begründete auch er den Rücktritt Benedikts mit der im Kirchenrecht verankerten Möglichkeit eines Papstes zurücktreten zu können. Anscheinend gilt für diese Leute: Gibt es die Möglichkeit zurückzutreten, dann ist man bereits zurückgetreten. Ich halte dieser Ansicht regelmäßig entgegen, dass der Antrag eines Mannes auf Kindergeld mit der Begründung, er könne ja Kinder zeugen, weil er einen Pimmel habe, abgeschmettert worden ist. Kindergeld gibt es erst, wenn man Kinder hat. Ebenso ist ein Papst erst zurückgetreten, wenn er zurückgetreten ist und nicht schon, wenn es die Möglichkeit dazu gibt. Die einzige Ausnahme ergibt sich bei den ARD-ZDF-Zwangsgebühren, wo Staatsverwaltung und Rundfunkanstalten einen Vertrag zur Aussackelung Dritter gemacht haben. Man darf aber nicht vergessen, dass dieser Vertrag nur deshalb als rechtens anerkannt wird, weil das Gericht Bestandteil eines der Vertragspartner ist.
Zurück zu Herrn Schmidberger. Ich fragte natürlich, ob er denn den Rücktrittstext angeschaut habe, woraufhin er mit "Ja" antwortete, woraufhin ich wiederum erwiderte, dass er dann den Text nicht verstanden habe. Das Gespräch war dann beendet. Es kam nicht einmal zu einer Diskussion über den Rücktrittstext. Fazit: Die Medien haben gesagt, Papst Benedikt sei zurückgetretem, und (fast) jeder glaubt es, sowie man halt die Medienlügen immer wieder glaubt, auch wenn ihre Lügen immer wieder aufgedeckt werden. Und hier hat ja Papst Benedikt ein gewisses Theater durchaus mitgespielt. Und das genügt den meisten. Sich für den Text zu interessiern? Wer will sich denn dieser Mühe unterziehen!
Zudem muss man, um das ganze Rücktrittsfake zu begreifen, sogar noch ein wenig ins lateinisch geschriebene Kirchenrecht schauen. Die deutsche Übersetzung ist nämlich fehlerhaft. Insgesamt wird dann eine eingehende Beschäftigung doch recht mührevoll. Kein einziger Bischof schien sich dafür Zeit genommen zu haben. Arthur H. Lambauer, der den Rücktrittstext als erster analysierte und der mir bescheinigte, ihn durch meine Diskussionsbeiträge zur Entdeckung neuer wesentlicher Fakten gebracht zu haben, war der erste, der den Text eingehend analysierte und auf die eindeutige Antwort kam, dass der "Rücktritt" rechtsungültig ist. Er ist aber kein Geistlicher, sondern emeritierter Rechtsanwalt und beschäftigt sich vor allem mit dem Völkerrecht. Ein ganz gewöhnlicher Vorgang sei so ein rechtsungültiger Rücktritt, stellt er fest. Es gehe darum, in so wichtigen Angelegenheiten wie etwa der sakramentalen Ehe nachfolgenden Generationen Korrekturmöglichkeiten zu eröffnen. Alles was der Papst der Gegenseite, Franziskus, festlegt, auch wenn dies dogmatisch ist, kann wieder rückgängig gemacht werden, da eben Benedikt rechtmäßiger Papst ist.
Die große Mehrheit der Geisltichen ist von ihrem Ortsbischof abhängig. Und dalebt es sich leichter, wenn man sich um das Rücktritts-Fake gar nicht erst kümmert, dann kann man es auch nicht verstehen, und es gibt keine Probleme. Wenn allgemein gesagt wird, dass Fraunziskus Papst ist, dann ist er es halt. Die Mehrheit hat doch immer Recht, nicht wahr? Dass der Weg ins Verderben breit ist und ihn viele gehen werden, das zu beachten ist ja nicht jedermanns Sache. Gegen den Strom schwimmen, wer will das schon?
Ich persönlich untersuche den Original-Text, den gesprochenen, den unkorrigierten also. Und da sieht es noch ein wenig krasser aus. Weiteres dazu später.
"Den Anfang bitte wegschneiden! Unbedingt wegschneiden! Sonst brechen ja bereits die Latein-Erstklässler in ein Gelächter aus, wenn Benedikt `pro ecclesiae vitae´ von diesem Latein-Stuss abliest." "Klar doch, wird gemacht. Wo sollen wir dann einsetzen bei der Kost, die wir dem Mob servieren?" "Ja da halt, wo er sagt, dass er alt und schwach ist, einfach nicht mehr kann. Das wirkt überzeugend." "Ja wohl!"
Was den weggeschnittenen Text betrifft, verlassen wir uns mal auf die erste Annotation. Die später erschienene korrigierte Version ist zwar ebenfalls grammatikalisch falsch oder zumindest schlecht, aber so, dass das ein Erstklässler nicht erkennen würde. Wäre also die korrigierte Version die gesprochene, so hätte es keinen besonderen Grund gegeben, den Beginn des gesprochenen Textes wegzuschneiden.
dann interessiert das offenbar niemanden. Außer mich. Dabei schien dieser Eingriff zunächst gar nicht an die Bürgermeister Roms gerichtet gewesen zu sein. Nachweislich angesprochen wurden nämlich nur Priester, die es mit Heiligsprechungen zu tun hatten. Seine Rede eröffnete nämlich Papst Benedikt wie folgt (ich übersetze ins Deutsche):
"Hochgeschätzte Brüder,
nicht nur wegen drei Heiligsprechungen habe ich euch zu diesem Konsistorium zusammengerufen, ... ". Dass es kurz darauf zu einer Art Heiligsprechung kommen würde, konnte man so noch nicht erahnen.
Was also ist geschehen? Es war der 13. Februar 2013, da wendete sich Benedikt XVI. an die erwähnten Priester in einer Ansprache, die mit der erwähnten Adressierung begann, dann in ein leichtes Gejammere abflachte, daraufhin aber in folgendem Satz aufhorchen ließ:
"Gut in Kenntnis gesetzt von der Bedeutung der folgenden Handlung erkläre ich daher in voller Freiheit, dass ich der Dienerschaft eines Bischofs von Rom, eines Nachfolgers des heiligen Petrus, mir durch die Hände der Kardinäle am 19. April 2005 Anvertrautes berichte, derart, dass ab dem 28. Februar 2013, um 20 Uhr der Stuhl Roms, der Stuhl des heiligen Petrus, leer steht, ..."
Das soll nun vorerst genügen. Auf andere Übersetzungsvarianten möchte ich jetzt nicht eingehen. Man kann sie auf meiner eigenen Webpräsenz nachlesen. Die hier gewählte Übersetzung entspricht der dortigen Version A, da sie noch am ehesten einen Sinn ergibt.
Obiger Satz gipfelt im Leerstehen des Stuhls Roms de facto ab März, da in den vier Stunden zuvor Feierabend ist. Wer aber jetzt denkt, mit dem Stuhl Roms sei sein eigener, der Papstthron, gemeint, der irrt gewaltig, denn erstens gibt es zwei offizielle Ausdrücke dafür im Kirchenrecht, und keiner davon heißt "Stuhl Roms" oder "Stuhl Petri"; stattdessen heißen sie "Heilige Stuhl" und "Apostolischer Stuhl", und diese beiden Termini wurden offenbar gemieden. Zweitens ist Rom zunächst weder das Heilige Römische Reich noch die Heilige Römische Kirche, sondern nichts weiter als die Stadt Rom. Und der Stuhl Roms dürfte somit weder der des Kaisers der Römer, Karl IX., noch der des Papstes - dieser leitet die heilige römische Kirche - noch der des Regierungschefs von Italien, sondern einfach der des Bürgermeisters der Stadt Rom sein.
Roms Bürgermeister war seit 28. April 2008 Gianni Alemanno (im obigen Bild der Mann rechts mit blauem Sakko). Da also behauptet Benedikt, dass dessen Stuhl ab März werde leer stehen. Oder war es nur ein Wunsch? Das "vacet" ("stehe leer") steht ja infolge des "ut" ("dass") im Konjunktiv. Gianni Alemannos Amtszeit aber lief noch bis zum 11. Juni 2013, also 103 Tage länger, und wir wissen, dass er nicht zurückgetreten ist, stattdessen bei der nächsten Wahl sang- und klanglos gegen seinen Nachfolger Ignazio Marino mit nur 36% der Stimmen untergegangen ist.
Wir wissen auch, dass Papst Benedikt Ende Februar in ein Kloster befördert wurde. Wäre es in Anbetracht eines solchen Ereignisses nicht angebracht gewesen, als Bürgermeister von Rom die Regierungsgeschäfte die restlichen 103 Tage ruhen zu lassen, um dem Wunsch des Papstes nachzukommen und dessen zu gedenken? Warum nur war Gianni Alemanno dem Papst ungehorsam? Sicher, er kann sagen, der Papst hätte den Rücktrittwunsch vor ihm persönlich äußern sollen und nicht vor Heiligsprechungspriestern. Wo er Recht hat, hat er Recht. Andererseits: Was haben die Kardinäle Papst Benedikt am 19. April 2005 anvertraut, dass es das Leerstehen des römischen Bürgermeisterstuhls zur Folge haben sollte. Benedikt berichtet das ja seiner Dienerschaft, und diese sollten das dann auch an Gianni Alemanno weitergegeben haben. In diesem Fall hätte Gianni Alemanno keine Ausrede mehr, und er muss sich wohl mit der Abstempelung als ungehorsamer Sohn der heiligen Kirche abfinden.
Der im Text erwähnte Stuhl Roms ist übrigens noch mit einer Apposition versehen: der Stuhl des heiligen Petrus. Gibt es denn in der Liste der römischen Bürgermeister einen heiligen Petrus? Ich besitze ein Buch über alle Seligen und Heiligen (bis ertwa 1950), doch fand ich da keinen. Bei Lebenden allerdings gilt einer als heilig, sobald er im Stande der Gnade ist. Und das könnte der letzte christdemokratische Bürgermeister Roms durchaus gewesen sein. Dieser hieß tatsächlich mit Vornamen Petrus, auf Italienisch Pietro. Pietro Giubilo (im obigen Bild der Mann links in Schwarz-Weiß) war nur wenig länger als ein Jahr Bürgermeister (von Mai 1988 bis Juli 1989), und es mag Gottes Fügung gewesen sein, dass man nun seinetwegen den römischen Bürgermeistersessel volkstümlich gesprochen auch Stuhl des heiligen Petrus nennen kann.
Fassen wir zusammen, was an besagtem 13. Februar 2013 geschehen ist. Zum einen wird ein Bürgermeister Roms, der den Vornamen des Lieblings-Apostels Johannes trägt (Gianni ist eine Kurzform von Giovanni, deutsch: Johannes) zumindest des Verdachts des Ungehorsams gegenüber dem Heiligen Vater ausgesetzt, zum anderen wird ein früherer Bürgermeister, der den Vornamen des Apostel-Fürsten Petrus trägt, "heilig" genannt, sozusagen einer Art Lebend-Heiligsprechung unterzogen.
Bei solcherlei Akten sollte auch ein Papst vorsichtig sein und sie nicht vollziehen, ohne sich von Priestern, die sich in Sachen Heiligsprechung auskennen und damit zu tun haben, zu beraten. Naja, zugegen waren sie an diesem Tag.