Die folgende Kirchenhierarchiehymne, Decus redde, zumindest deren erste Strophe, kann man wie den Inno e Marcia Pontificale auch Papsthymne (hymnus papae, hymnus papalis) nennen.
Lateinischer Text | Wörtliche Übersetzung | |
Martinus Bachmaier 2015 | ||
1 . S t r o p h e | ||
Decus redde, Sancte Pater, |
Die Zier gibt zurück, Heiliger Vater, |
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Sanctae Rex Ecclesiae, |
König der heiligen Kirche, |
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Sancti domum formans later, |
des Heiligen Haus formender Backstein, |
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isti tibi creditae! |
diesem dir anvertrauten (Haus)! |
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Quale fulmen! Ecce tectum! |
Was für ein Blitz! Siehe, das Dach! |
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Quod laborat ambitu. |
Das leidet an Amtserschleichung! |
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A tam lectum Papam rectum, |
Ach, den so erlesenen (auf)richtigen Papst, |
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Sancta Sancto Spiritu, |
Heilige voll Heiligen Geistes, |
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|:
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tege,
fulci tu! :| |
schütze, stütze du! |
2 . S t r o p h e | ||
Omne dogma perdocete, |
Jedes Dogma lehrt eingehend, |
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cardinales, principes, |
ihr Kardinäle, Fürsten, |
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docendosque ter monete |
und die zu Belehrenden ermahnt dreimal, |
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leges sequi caelites! |
die himmlischen Ge- setze zu befolgen! |
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Abstinete blandientes |
Haltet die schmeichelnden |
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contione subdolos! |
Hinterlistigen von der Volksversammlung fern! |
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Fac clementes, accredentes, |
Mach mild, zum Glauben bringend, |
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fortes fac episcopos, |
tapfer mach die Bischöfe, |
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|:
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pia
virgo cos! :| |
gewissenhafter jung- fräulicher Wetzstein! |
3 . S t r o p h e | ||
Sacram missam celebrate, |
Die heilige Messe feiert, |
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sacerdotes, intime, |
ihr Priester, innigst, |
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sacramenta ministrate, |
die Sakramente spendet, |
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sacras preces fundite! |
die heiligen Gebete lasst entströmen! |
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Turba ne profana sitis |
Nicht ein vom Heiligen ferner Haufe seid |
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quodve mundus ungit os! |
oder ein Mund, den die Weilt salbt! |
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Cutis mitis, lucis ditis, |
Milde Haut des reichen Lichtes, |
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fove, forma filios, |
hege, forme deine Söhne, |
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|:
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face
turris hos! :| |
mache zu Türmen diese! |
Die Melodie, auf die das Decus redde gesungen werden will, wurde von Hanns Eisler (Bild links) 1949 komponiert. Zusammen mit dem Text von Johannes R. Becher, ebenfalls 1949 verfasst, war sie die Nationalhymne der ehemaligen DDR: Auferstanden aus Ruinen. Da diese nun ihrer staatlichen Funktion verlustig gegangen ist, soll ihre Melodie auch auf das Decus redde angewandt werden. Die verlinkte Instrumentalversion umfasst alle drei Strophen, denen zudem eine schöne Einleitung vorausgeht.
Niemanden möge es stören, dass ich Hanns Eislers Melodie auch auf das Decus redde gesungen wissen will. Die Kirche ist ja derzeit in einem ruinierten Zustand, aus dem sie neu erstehen und sich der Zukunft zuwenden muss Auch die Melodie zum Lied der Deutschen wird ja nicht nur auf die deutsche Nationalhymne, sondern ebenso auf einen englischen kirchlichen Text mit dem Liedanfang "Glorious Things of Thee are Spoken" gesungen, und bekannt sollte sein, dass sie der Kaiserhymne "Gott erhalte Franz den Kaiser" entlehnt ist. Einen metrisch perfektionierten einstrophigen lateinischen Text dazu habe ich hier verfasst.
Decus redde Die Kirchenhierarchiehymne |
Martinus Bachmaier 2015 |
1 . S t r o p h e (Papsthymne) |
Decus redde, Sancte Pater, Sanctae Rex Ecclesiae, Sancti domum formans later, isti tibi creditae! |
Quale fulmen! Ecce tectum! Quod laborat ambitu. |
A tam lectum Papam rectum, Sancta Sancto Spiritu, |: tege, fulci tu! :| |
2 . S t r o p h e (an die Bischöfe) |
Omne dogma perdocete, cardinales, principes, docendosque ter monete leges sequi caelites! |
Abstinete blandientes contione subdolos! |
Fac clementes, accredentes, fortes fac episcopos, |: pia virgo cos! :| |
3 . S t r o p h e (an die Priester) |
Sacram missam celebrate, sacerdotes, intime, sacramenta ministrate, sacras preces fundite! |
Turba ne profana sitis quodve mundus ungit os! |
Cutis mitis, lucis ditis, fove, forma filios, |: face turris hos! :| |
Akzentuierende Metrik: Diesbezüglich liegt ein Trochäus vor.
Quantitierende Metrik: Die Silben des lateinischen Textes werden entsprechend den ihnen zugeordneten Notenlängen durch folgendes quantitierendes Versmaß ausgelegt:
Vers | Quantitierendes Versmaß | Legende/Bemerkungen | Reim | |||||||||||||||||||
1. |
| | X | X | | | X | X | | | X | X | | | X | X | | |
▬ | |
lange Silbe Taktstrich |
a | ||||||
2. | | | X | X | | | X | X | | | ▬ ● | | | ▬ | | | b | ||||||||||
3. | | | X | X | | | X | X | | | X | X | | | X | X | | | a | ||||||||
4. | | | X | X | | | X | X | | | ▬ ● | | | ▬ | b | |||||||||||
5. | | | ▬●| | ▬ ● | | | ▬ ● | | | ▬ ▬ | fixer Spezialfall des kata- lektischen Tetrameters |
c | |||||||||||||
6. | | | ▬●| | ▬ ● | | | ▬ ● | | | ▬ | | | d | |||||||||||||
7. | | | X | X | | | X | X | | | X | X | | | X | X | | | Binnenreim | e c e c | |||||||
8. | | | X | X | | | X | X | | | ▬ ● | | | X | Alliteration | d | ||||||||||
9. | ●●| | ▬ | | | ▬ | | | ▬ | | | fixes Versmaß | d | |||||||||||||
10. | | ● | ● | | | ▬ | | | ▬ | | | ▬ | | | | | fixes Versmaß | d |
Stets wird hier jede Note, die länger als einen Schlag ist, durch eine lange Silbe und jede Note, die höchstens einen halben Schlag lang ist, durch eine kurze Silbe interpretiert. Ein Schlag entspricht dabei einer Vierteilnote in der Notation Hanns Eislers im Zweivierteltakt.
Vers 5 und 6 beginnen mit einem Dreiviertel-Schlag. Da dieser dreimal so lang ist wie der darauffolgende Viertelschlag, wird diese Silbe als lang gefordert, obwohl prinzipiell die einen ganzen Schlag, also länger anhaltende Noten, durch eine beliebige Silbe interpretiert werden dürfen. Die vorletzte Silbe von Vers 5 ist die einzige des Verpaares 5&6, die genau einen Schlag lang ist. Damit ist sie länger als die erste Silbe von Vers 5 und wird somit ebenfalls verpflichtend lang ausgelegt. Daraus ergibt sich ein Verspaar mit insgesamt 15 fix geforderten Silbenlängen. Es entsteht ein strenger Spezialfall des katalektischen trochäischen Tetrameter-Verses in quantitierender Metrik, katalektisch, da das vierte Metrum nicht mehr zwei, sondern nur noch eineinhalb Versfüße hat. Das Metrum eines trochäischen Tetrameters besteht aus zwei Versfüßen, einem Trochäus (▬ ●) gefolgt von einem weiteren Versfuß, der in der Regel wieder ein Trochäus (▬ ●) oder aber ein Spondeus (▬ ▬), nie aber ein Jambus (● ▬) ist. Letztgenannte Freiheit wird hier nicht genutzt; stattdessen wird ein völlig fixes Versmaß gefordert. Ein solches ergibt sich ebenso in den metrikgleichen Versen 9 und 10. Die beiden ersten Noten von Vers 10 sind zwar genau einen Schlag lang, die dazugehörigen Silben müssen aber als wiederholte erste Silben von Vers 9, wo sie einer halben Schlag langen Note zugeordnet sind, kurz ausgelegt werden.
Sonderheiten zu Metrik, Text und Reim: Der erste Teil der letzen Strophe endet mit der Silbe "te" des Wortes "fundite". Diese Silbe ist, da sie mit einem Kurzvokal endet, an sich kurz, wird aber als letzte Silbe eines lateinischen Verses - die zwei Verse 3 und 4 zusammen bilden hier einen einzigen katalektischen Tetrameter-Vers - standardmäßig lang gebraucht, indem man sozusagen das kurze Schluss-"e" ausklingen lässt, sodass es lang gesungen wird. Weiterhin ist anzumerken, dass der letzte Vers dieser letzten Strophe "vergilisch" ist. Vergil verwendet den Imperativ "face" öfter als "fac" und lässt i-Stämme im Akkussativ Plural bei Maskulinum und Femininum mit "is" (langes "i") enden. Die Endung "es" kam erst später in Gebrauch. Bei "turris", wo sogar im Akkusativ Singular die Endung "im" überwiegt, ist die "is"-Endung ohnehin naheliegend. Der Grund für die Verwendung dieser Endung liegt aber in der Art der Endreime, welche Vokalgleichheit in den letzten beiden Silben leistet.
Endreime: Der Text reimt sich stets mindestens in den letzten beiden Silben. Das ist insofern ungewöhnlich, als die Verse mit männlichem Ende sich gewöhnlich nur auf der letzten Silbe reimen, da auf dieser der Ton liegt, ab dem der Reim gewöhnlich beginnt. Im Decus redde haben aber auch die besagten männlichen Verse in der vorletzten Silbe gleichen Vokal.
Ein Binnenreim im siebten Vers: Vers 5 und 6 klingen musikalisch und auch vom Text her recht bedrohlich. Die Rückkehr zur Einleitungsmelodie wirkt deshalb besonders wohltuend und leitet zudem eine Fürbitte an die Gottesmutter ein. Dies wird durch den Binnenreim in Vers 7 interpretiert. Er umfasst alle acht Silben. Die betonte fünfte Silbe reimt sich zur vier Silben früher stehenden betonten ersten Silbe, und ebenso reimt sich die betonte siebte Silbe zur betonten dritten. Die unbetonte sechste Silbe reimt sich nicht nur, sondern ist, wie es die Unbetontheit wünscht, nahezu klanggleich mit der unbetonten zweiten Silbe (die stimmlosen Plosive c, p, und t klingen ähnlich, ebenso wie die Liquide l und r), während die völlige Identität der achten und letzten Silbe mit der vierten und damit letzten Silbe der ersten Vierergruppe für einen reinen Reim der beiden Hälften dieses siebten Verses sorgt.
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