Titelbilder:  links: Nikolaus Herman, der Verfasser der Melodie zu Maria Himmelskönigin;  Mitte:  Regina angelorum (Königin der Engel) von William Adolphe Bouguereau;  rechts: Die Muttergottes vom Zeichen als Blacherniotissa (Maria orans, betende Maria) in der Chora-Kirche in Istanbul; hier.

Maria Himmelskönigin – die marianische Fasten-zeit-Antiphon Ave Regina caelorum auf Deutsch 

Zunächst ein Verweis auf die lateinische Quelle dieses Liedes

Der deutsche Text neben lateinischem Urtext samt Übersetzung

Lateinischer Text Deutsche Übersetzung Maria Himmelskönigin
Ave Regina caelorum,
ave Domina Angelorum:
Salve radix, salve porta,
ex qua mundo lux est orta:
Gaude Virgo gloriosa,
super omnes speciosa:
Vale o valde decora,
et pro nobis Christum exora.
Sei gegrüßt, Königin der Himmel!
Sei gegrüßt, Herrin der Engel!
Heil dir, Wurzel, Heil dir, Pforte,
aus der der Welt das Licht ist entstanden!
Freue dich, glorreiche Jungfrau,
über allen großartig!
Lebe wohl, o sehr Schöne,
und für uns Christus erweiche!
1.
 
 
 
2.
 
 
 
Maria, Himmelskönigin,
der Engel hohe Herrscherin.
o Wurzel, der das Heil entsprießt,
du Tor des Lichtes, sei gegrüßt!
Freu dich, du bist an Ehren reich,
dir ist an Gnaden keine gleich.
Ach bitt für uns an Gottes Thron
bei Jesus, deinem lieben Sohn.

Hannah Suhm mit Harmoniumsbegleitung

Ein Notenblatt – Die Noten (erstellt mit "scorio") samt Text

Die Kirchentonart

Im Gegensatz zur lateinischen Quelle des Liedes, dem Ave Regina caelorum, einer Antiphon, die sowohl im Tonus simplex als auch im Tonus solemnis dem uns so geläufigen Tongeschlecht Dur angehört, ist Nikolaus Hermans Lied Maria Himmelskönigin in einer der ursprünglichen acht Kirchentonarten geschrieben, und zwar im ersten Kirchenton (Protus authenticus), kurz: Dorisch (ohne Vorzeichen von d bis d1).

Und diese Tatsache gibt dem Lied sein kirchliches oder, obwohl in der frühen Neuzeit entstanden,  sein mittelalterliches Flair.

Der evangelische Komponist

Komponiert wurde Maria Himmelskönigin von Nikolaus Herman 1562. Er war Anhänger der Reformation und veröffentlichte bereits 1560 unter dem Titel "Die Sonntagsevangelia über das Jahr in Gesänge verfasset für die Kinder und christlichen Hausväter" zahlreiche Kirchenlieder, die ins Evangelische Gesangbuch, einige auch ins katholische Gotteslob aufgenommen sind.

Von Maria Himmelskönigin stammt nur die Melodie von ihm. Einen Katholiken mag es wundern, dass ein Anhänger der Protestantismus auch ein Marienlied vertont hat. Wir können nur hoffen,  dass das zu seinem Seelenheil beigetragen hat.

Der Liedtext in den Gesangbüchern

Maria Himmelskönigin fand unter der Nummer 579 Eingang ins 1975er Gotteslob. Dort ist neben dem Komponisten Nikolaus Herman (1562) als Textquelle das Rottenburger Gesangbuch 1867 angegeben.

Im Wikipedia-Lemma "Ave Regina caelorum" steht nichts über eine Verbreitung dieses Liedes in den evangelsichen Gesangbüchern. Gerade der Schlussvers des Liedes: "Ach bitt für uns an Gottesthron bei Jesus, deinem lieben Sohn" lässt dieses, obwohl von einem Protestanten vertont, doch deutlich als katholisches Lied in Erscheinung treten.

Im Rottenburger Gesangbuch 1950 ist das Lied nicht mehr enthalten, sodass man sich wundert, wie es den Weg ins 1975er Gotteslob gefunden hat.

Im neuen Gotteslob ist dieses Lied vom Stammteil verschwunden, jedoch in einigen Diözesanteilen noch vorhanden.

Im 1958er Gottesdienst der Erzdiözese München und Freising war Maria Himmelskönigin auch enthalten, und zwar unter der Nummer 140, jedoch mit einer anderen Melodie, die im nächsten Abschnitt vorgestellt wird.

Maria Himmelskönigin im Gottesdienst von München und Freising 1958 und 1912

Im 1958er Gottesdienst der Erzdiözese München und Freising ist Maria Himmelskönigen ebenso enthalten, jedoch nicht mit der im ersten Kirchenton geschriebenen Melodie von Nikolaus Herman, sondern mit einer Melodie im Dur-Modus.

Es steht dort im Viervierteltakt und ist in E-Dur notiert. Zudem endet jeder zweite Vers, also jede halbe Strophe (in meiner Notation jede Notenzeile), statt mit einer Viertelnote mit einer halben und einer Viertelpause, sodass sich da ausnahmsweise ein Takt mit sechs Vierteln ergab. Ich habe in der folgenden Notation diesen Sonderfall nicht mitgemacht und habe das Lied zudem auf C-Dur transponiert, sodass es wiederum keiner Vorzeichen bedurfte.

Der Text ist übrigens in der zweiten Strophe an einigen Stellen unwesentlich verändert.

Im Vorgänger-Gebet- und-Gesangbuch, dem Gottesdienst 1912, war dieses Lied für das Fest Mariä Lichtmess vorgesehen, das zwar oft, aber bei Weitem nicht immer in die Vorfastenzeit fällt.

Hier war die Melodie an einer Stelle noch anders. Da waren statt der zweiten Viertelnote des drittletzten Taktes, die 1958 ein es (in C-Dur oben ist es ein c), war, die zwei Achtelnoten g und f zu singen.

Auch der Text war in der zweiten Hälfte jeder Strophe etwas anders. So kommt in der ersten Strophe die Wurzel Jesse vor, während in der zweiten Maria gebeten wird, bei ihrem Sohn Fürsprache einzulegen, er möge uns huldvoll verschonen.

Weitere Lieder mit dem Inzipit "MARIA HIMMELSKÖNIGIN"

Es gibt noch ganz andere Lieder, die mit "Maria, Himmelskönigin" beginnen, etwa "Maria, Himmelskönigin, du mächtige Fürsprecherin", vertextet hier unter dem Titel "Das heil. Herz Mariä" und anzuhören hier. Es besticht mit dem wunderbaren Reim im Refrain: "Jesu Herz, erbarme dich, Herz Mariä, bitt für mich." Ich habe vor, dieses alte, fromme Lied in eine Extra-Seite aufzunehmen.

Ein weiteres Lied mit diesem Inzipit fährt mit "du Braut vom Heil'gen Geist" fort und hat den  sehr lebensnahen Refrain: "O Maria, Gnadenmutter, steh uns bei in aller Not im Leben und im Tod." Man kann es sich hier von den "Schöckel-Hexen" anhören.

Außderdem singen die Regensburger Domspatzen "Maria, Himmelskönigin, dich wollen wir begrüßen", welches aber eine leichte Umdichtung von "Maria Maienkönigin" ist. Es kann hier angehört werden und sollte bei mir bald unter dem Marienlied "Maria Maienkönigin" erscheinen.

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