Das zweite Bild im Text – das obige Bild zeigt einen unteren Auszug davon – (Quelle: Wikipedia/Wikimedia, Uploader: ΙΣΧΣΝΙΚΑ-888) stellt die Gottesmutter als Äbtissin des heiligen Berges Athos dar. Sie ist die Patronin dieses Berges, der als der "Garten der Muttergottes" bekannt ist. Rechts unten sieht man die Ankunft der Muttergottes mit einem Boot zusammen mit dem heiligen Johannes und anderen. Auf dem Athos befindet sich das Kloster Simonos Petras, dessen Mönche die Melodie zum Agni Parthene komponiert haben.
Um dem Titel der Seite sofort gerecht zu werden, wird zunächst das Ergebnis der deutschen Übertragung präsentiert. Rechts daneben steht bereits jetzt der griechische Originaltext. Im nächsten Kapitel wird dieser Originaltext der deutschen Zunge entsprechend transkribiert, dann übersetzt; und noch weiter rechts davon wird dann wieder die Übertragung zu finden sein, deren Textnähe zum Originaltext dann leicht aus dem Vergleich mit der wörtlichen Übersetzung beurteilt werden kann.
Gesänge in Deutsch sind derzeit leider noch nicht verfügbar. Die beigefügten YouTube-Verlinkungen beinhalten also Interpretationen in der griechischen Originalsprache.
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Deutsch:
Martin Bachmaier 2015 |
Koiné-Griechisch: Nektarios von Ägina 1905 |
1 . S t r o p h e |
1 . S t r o p h e | |
O reinste Jungfrau, Herrscherin, Gebärerin Gott Sohnes, R: Freue dich, unvermählte Braut! (*) O Jungfrau, Mutter, Königin und Zierde seines Thrones, R |
Αγνή Παρθένε Δέσποινα, R: Χαίρε Νύμφη Ανύμφευτε. Παρθένε Μήτηρ Άνασσα, |
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Schwebst über Himmel hoch empor, strahlst heller als die Sonne. R Erfreust der heil’gen Jungfraun Chor, erhöhst der Engel Wonne. R |
Υψηλοτέρα Ουρανών, ακτίνων λαμπροτέρα, R Χαρά παρθενικών χορών, αγγέλων υπερτέρα, R |
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Sich deinem Glanz der Himmel neigt; Licht bleicht vor deiner Reinheit. R Du übertriffst an Heiligkeit all’ Himmelsheereseinheit. R |
Εκλαμπροτέρα ουρανών, φωτός καθαροτέρα, R Των Ουρανίων στρατιών πασών αγιωτέρα, R |
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2 . S t r o p h e |
2 . S t r o p h e | |
Maria, Jungfrau allzeit rein und Herrin aller Welt da, R ohn’ Makel, ohne Sündenkeim, des Gnadenstromes Delta. R |
Μαρία Αειπάρθενε κόσμου παντός Κυρία, R Άχραντε Νύμφη Πάναγνε, Δέσποινα Παναγία, R |
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Maria, Braut und Herrscherin und unsrer Freude Quelle, R Hochheil’ge Mutter, Königin und Frau an Evas Stelle, R |
Μαρία Νύμφη Άνασσα, χαράς ημών αιτία, R Κορή σεμνή Βασίλισσα, Μήτηρ υπεραγία, R |
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Bist mehr geehrt als Cherubim, bist größer als die Throne. R Gar weicht der Ruhm der Seraphim der Würde deiner Krone. R |
Τιμιωτέρα Χερουβείμ, υπερενδοξοτέρα R των ασωμάτων Σεραφείμ, των Θρόνων υπερτέρα, R |
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3 . S t r o p h e |
3 . S t r o p h e | |
O freu dich, Lied der Cherubim! Ein Engelsklängepflücken! R O freu dich, Sang der Seraphim, der Erzengel Entzücken! R |
Χαίρε το άσμα Χερουβείμ, χαίρε ύμνος Αγγέλων, R Χαίρε ωδή των Σεραφείμ, Χαρά των Αρχαγγέλων, R |
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O Friede, Freude, freu dich heut’, o freu dich, Heilands Pforte, R Gewand der Unvergänglichkeit, Gemach geweiht dem Worte! R |
Χαίρε ειρήνη και χαρά, λιμήν της σωτηρίας, R Παστάς του Λόγου ιερά, άνθος της αφθαρσίας, R |
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Bist Paradies, so schön allzeit, bist Lebensbaum in Eden. R Und dir entsprießt Unsterblichkeit, entduftet ew’ges Leben. R |
Χαίρε Παράδεισε τρυφής ζωής τε αιωνίας, R Χαίρε το ξύλον της ζωής, πηγή αθανασίας, R |
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4 . S t r o p h e |
4 . S t r o p h e | |
Dich anzufleh'n, o hehre Braut, ich jetzt in Demu wage! R Die Augenlider senke traut! Ich will nur deine Gnade! R |
Σε ικετεύω Δέσποινα, Σε, νυν, επικαλούμαι, R Σε δυσωπώ Παντάνασσα, Σην χάριν εξαιτούμαι, R |
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Woll’st, Herrscherin so huldreich stets, woll’st, Jungfrau, auf mich schauen! R Du Tempel edlen Hochgebets, mein' Mutter, mein Vertrauen! R |
Κορή σεμνή και άσπιλε, Δέσποινα Παναγία, R Θερμώς επικαλούμαι Σε, Ναέ ηγιασμένε, R |
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So hilf mir, nimm mich, schütze mich vor Feindes Wut und Werben! R Und mach – ich bitt’ dich inniglich! – mich ew’ges Leben erben! R |
Αντιλαβού μου, ρύσαι με, από του πολεμίου, R Και κληρονόμον δείξον με ζωής της αιωνίου. R |
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R (Refrain nach je zwei Versen) |
R (Refrain) | |
Freue dich, unvermählte Braut! (*) | Χαίρε Νύμφη Ανύμφευτε. | |
(*) Die Rhythmik dieses Refrains ist anders als in der griechischen, und zwar so: R: Freu(1)-e(1) dich(1), un(2)-ver(1)-mähl(2)-te(1) Braut(3)! Dabei gibt die Zahl in Klammern nach jeder Silbe deren Länge in Viertelnoten an, während die unterstrichenen Silben die betonten zu Beginn jedes Dreiviertel-Taktes sind. Notiert in D-Moll sind dann auf "Freue dich, unvermählte Braut" folgende Noten zu singen: DDE|F D|E C|D (statt D E|FDD|E C|D wie im griechischen Refrain). Die Rhythmik-und Ton-Verschiebung beschränkt sich also auf die ersten beiden Takte. Deren Melodien bewegen sich jeweils innerhalb von D-Moll-Akkorden, sodass keine Probleme hinsichtlich der Harmonie entstehen. |
Bild oberhalb: Der heilige Bonifatius, welcher als der Apostel der Deutschen verehrt wird, fällt die Donareiche. Quelle: Wikipedia/Wikimedia.
Strophen- und Melodie-Einteilung:
Jede Strophe, S = 1, 2, 3, 4, hat
drei Melodie-Teile, M = A, B, C.
Jeder Melodieteil wird zweimal gesungen. Dabei ist die Iteration I = α, β erst in der darauffolgenden Tabelle zum Herunterladen eingetragen.
Nur im Melodieteil C unterscheidet sich die Wiederholung β am Ende.
Das Griechisch enstammt der Sprachstufe der Koiné (300 v. Chr. bis 300 n. Chr.).
Griechischer Originaltext Hl. Nektarios v. Ägina 1905 |
Phonetische deutsche Umschrift des Originaltextes |
Wörtliche
Übersetzung Martin Bach- maier 2015 |
Metrisch gereimte Übertragung Martin Bachmaier 2015 |
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♫ ► Mönche des griechischen Klosters Simonos Petras |
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M e l o d i e A S t r o p h e 1 M e l o d i e A | ||||||||
Αγνή Παρθένε Δέσποινα, Άχραντε Θεοτόκε, |
agní parθéne ðéßpina, áchrante θeotóke, |
Reine Jungfrau, Herrin, unbefleckte Gottesgebärerin, |
O reinste Jungfrau, Herrscherin, Gebärerin Gott Sohnes, |
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R:
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Χαίρε Νύμφη Ανύμφευτε. |
R:
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chére nímfi anímfefte. |
R:
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Freu dich, unvermählte Braut! |
R:
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Freue dich, unvermählte Braut! (*) |
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Παρθένε Μή- τηρ Άνασσα, Πανένδροσέ τε πόκε. R |
parθéne mí- tir ánaßßa, panénðroßé te póke, R |
Jungfrau, Mut- ter, Herrscherin und alltauiges Vlies, |
O Jungfrau, Mut- ter, Königin und Zierde seines Thrones, R |
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M e l o d i e B [ S t r . 1 ] M e l o d i e B | ||||||||
Υψηλοτέρα Ουρανών, ακτίνων λαμ- προτέρα, R |
ipßilotéra uranón, aktínon lam- protéra, R |
Höher als Himmel, heller als (Son- -nen-)Strahlen, |
Schwebst über Him- mel hoch empor, strahlst heller als die Sonne. R |
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Χαρά παρθε- νικών χορών, αγγέλων υπερτέρα, R |
chará parθe- nikón chorón, angélon ipertéra, R |
Freude jungfräu- licher Chöre, über Engeln stehend |
Erfreust der heil'gen Jungfraun Chor, erhöhst der Engel Wonne! R |
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M e l o d i e C [ S . 1 ] M e l o d i e C | ||||||||
Εκλαμπροτέρα ουρανών, φωτός καθα- ροτέρα, R |
eklamprotéra uranón, fotóß kaθa- rotéra, R |
Erlauchter als Himmel, reiner als Licht, |
Sich deinem Glanz der Himmel neigt; Licht bleicht vor deiner Reinheit. R |
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Των Ουρανί- ων στρατιών πασών αγιωτέρα, R |
ton uraní- on ßtratión paßón agiotéra, R |
Heiliger als die gesamten himmlischen Heerscharen. |
Du übertriffst an Heiligkeit all' Himmels- heereseinheit. R |
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M e l o d i e A S t r o p h e 2 M e l o d i e A | ||||||||
Μαρία Αει- πάρθενε κόσμου παν- τός Κυρία, R |
maría a-i- párθene kóßmu pan- tóß kiría, R |
Maria, allzeit jungfräuliche Herrin der ganzen Welt, |
Maria, Jungfrau allzeit rein und Herrin aller Welt da, R |
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Άχραντε Νύμ- φη Πάναγνε, Δέσποινα Παναγία, R |
áchrante ním- fi pánagne, ðéßpina panagía, R |
Unbefleckte, allreine Braut, allheilige Herrin, |
Ohn' Makel, ohne Sündenkeim, des Gnaden- stromes Delta, R |
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M e l o d i e B [ S t r . 2 ] M e l o d i e B | ||||||||
Μαρία Νύμφη Άνασσα, χαράς ημών αιτία, R |
maría nímfi ánaßßa, charáß imón etía, R |
Maria, Braut, Herrscherin, unserer Freude Ursache, |
Maria, Braut und Herrscherin und unsrer Freude Quelle, R |
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Κορή σεμνή Βασίλισσα, Μήτηρ υπεραγία, R |
korí ßemní waßílißßa, mítir iperagía, R |
Werte Tochter, Königin, hochheilige Mutter, |
Hochheil'ge Mutter, Königin und Frau an Evas Stelle, R |
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M e l o d i e C [ S . 1 ] M e l o d i e C | ||||||||
Τιμιωτέρα Χερουβείμ, υπερενδο- ξοτέρα R |
timiotéra cheruwím, iperenðo- xotéra R |
Ehrenwerter als Cherubim, unvergleichlich ruhmreicher |
Bist mehr geehrt als Cherubim, bist größer als die Throne. R |
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των ασωμά- των Σεραφείμ, των Θρόνων υπερτέρα, R |
ton aßomá- ton ßerafím, ton θrónon ipertéra, R |
als die körper- losen Seraphim, größer als die Throne. |
Gar weicht der Ruhm der Seraphim der Würde deiner Krone. R |
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M e l o d i e A S t r o p h e 3 M e l o d i e A | ||||||||
Χαίρε το άσμα Χερουβείμ, χαίρε ύμνος Αγγέλων, R |
chére to áßma cheruwím, chére ímnoß angélon, R |
Freu dich, Lied der Cherubim! Freu dich, Hym- ne der Engel! |
O freu dich, Lied der Cherubim! Ein Engelsklänge- pflücken! R |
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Χαίρε ωδή των Σεραφείμ, χαρά των Αρχ- αγγέλων, R |
chére oðí ton ßerafím, chará ton arch- angélon, R |
Freu dich, Ode der Seraphim, Freude der Erzengel! |
O freu dich, Sang der Seraphim, der Erzengel Entzücken! R |
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M e l o d i e B [ S t r . 3 ] M e l o d i e B | ||||||||
Χαίρε ειρήνη και χαρά, λιμήν της σωτηρίας, R |
chére iríni ke chará, limín tiß ßotiríaß, R |
Freu dich, Frie- de und Freude, Hafen der Rettung! |
O Friede, Freude, freu dich heut', o freu dich, Heilands Pforte, R |
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Παστάς του Λόγου ιερά, άνθος της αφθαρσίας, R |
paßtáß tu lógu ierá, ánθoß tiß afθarßíaß, R |
Gemach dem Wort geweiht, Blüte der Unver- gänglichkeit, |
Gewand der Unvergänglichkeit, Gemach geweiht dem Worte! R |
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M e l o d i e C [ S . 1 ] M e l o d i e C | ||||||||
Χαίρε Παρά- δεισε τρυφής ζωής τε αιωνίας, R |
chére pará- diße trifíß soíß te eoníaß, R |
Freu dich, Para- dies der Wonne und ewigen Lebens! |
Bist Paradies, so schön allzeit, bist Lebensbaum in Eden. R |
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Χαίρε το ξύ- λον της ζωής, πηγή αθα- νασίας, R |
chére to xí- lon tiß soíß, pigí aθa- naßíaß, R |
Freu dich, Baum des Lebens, Quelle der Unsterblichkeit! |
Und dir entsprießt Unsterblichkeit, entduftet ew'ges Leben! R |
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M e l o d i e A S t r o p h e 4 M e l o d i e A | ||||||||
Σε ικετεύω Δέσποινα, Σε, νυν, επι- καλούμαι, R |
ße iketéwo ðéßpina, ße, nin, epi- kalúme, R |
Dich flehe ich an, Herrin, zu dir rufe ich jetzt. |
Dich anzufleh'n, o hehre Braut, ich jetzt in Demut wage! R |
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Σε δυσωπώ Παντάνασσα, Σην χάριν εξαιτούμαι, R |
ße ðißopó pantánaßßa, ßin chárin exetúme R |
Dich bitte ich weich, Allheilige, deine Gnade erbitte ich mir. |
Die Augenlider senke traut! Ich will nur deine Gnade. R |
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M e l o d i e B [ S t r . 4 ] M e l o d i e B | ||||||||
Κορή σεμνή και άσπιλε, [ Δέσποινα Παναγία, ] R |
korí ßemní ke áßpile, [ ðéßpina panagía, ] R |
Werte und ma- kellose Tochter, [ allheilige Herrin, ] |
Woll'st, Herrscherin so huldreich stets, woll'st, Jungfra, auf mich schauen! R |
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Θερμώς επι- καλούμαι Σε, Ναέ ηγι- ασμένε, R |
θermós epi- kalúme ße, na-é igi- asméne, R |
Innig ("warm") rufe ich dich an, geheiligter Tempel: |
Du Tempel edlen Hochgebets, mein' Mutter, mein Vertrauen! R |
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M e l o d i e C [ S . 1 ] M e l o d i e C | ||||||||
Αντιλαβού μου, ρύσαι με, από του πολεμίου, R |
antilawú mu, ríße me apó tu polemíu, R |
Hilf mir, zieh mich an dich (schützend) vor dem Feind! |
So hilf mir, nimm mich, schütze mich vor Feindes Wut und Werben! R |
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Και κληρονό- μον δείξον με ζωής της αιωνίου. R |
ke klironó- mon ðíxon me soíß tiß eoníu. R |
Und mache mich zum Erben des ewigen Lebens! |
Und mach – ich bitt' dich inniglich! – mich ew'ges Leben erben! R |
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Refrain R nach jeder Anrufung (nach je 2 Versen bzw. 4 Zeilen) | ||||||||
R:
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Χαίρε Νύμφη Ανύμφευτε. |
R:
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chére nímfi anímfefte. |
R:
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Freue dich, unvermählte Braut! |
R:
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Freue dich, unvermählte Braut! (*) |
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(*) Dieser Refrain muss in anderer Rhythmik gesungen werden; sihe dazu die Fußnote der obigen Tabelle. |
Bevor ich den vorausgehenden vier Spalten inhaltliche Anmerkungen hinzufüge, möchte ich darauf verweisen, dass auf der Website
das Agni Parthene gleich zu Beginn wieder auf Griechisch niedergeschrieben ist. Daneben steht die Transkription in etwas internationalerer Schreibung, da diese Seite sicherlich auch von Nichtdeutschen besucht wird. Ganz rechts steht die deutsche Übersetzung.
Meine Reimübertragung folgt erst später im Kapitel über die germanischen Sprachen. Sie steht bisher noch ganz allein, kann also auf Smartphones im Hochformat besonders leicht, ohne irgendwie scrollen zu müssen, gelesen werden.
Der griechische Original-Text und sein Verfasser
Den griechischen Original-Text hat der Ostkirchenheilige Nektarios von der Pentapolis 1905 im Büchlein "Kleines Theotokarion"[1] publiziert. Es ist Bestandteil einer Sammlung von Marienhymnen aus seiner Feder.[2] Fraglich ist aber, ob der einzige sich wiederholende Vers im mittleren Melodieteil der letzten Strophe, Δέσποινα Παναγία - er kommt ja auch im ersten Melodieteil der zweiten Strophe vor -, als "Vers-Verrutschungs-Fehler" bei Drucklegung des Büchleins entstanden sein könnte; er bildet nämlich zusammen mit dem Vers Ναέ ηγιασμένε das einzige Verspaar, das sich nicht reimt.
Ein Vers-Verrutschungs-Fehler bei Drucklegung des Agni Parthene?
Was den griechischen Originaltext betrifft, stellt man fest, dass der Reim, welcher alle männlichen wie weiblichen Versenden betrifft, an einer einzigen Stelle nicht konsequent durchgehalten wird.
Die Verse Δέσποινα Παναγία und Ναέ ηγιασμένε im mittleren Melodieteil der letzten Strophe reimen sich nämlich nicht.
Der heilige Nektarios hat zwar im Agni Parthene des Öfteren identische Marien-Anrufungen benutzt, aber an sich keine ganzen Verse wiederholt. Dass nun der Vers Δέσποινα Παναγία, der bereits am Ende des ersten Melodie-Teils der zweiten Strophe vorkommt, an einer Stelle wieder auftaucht, wo er zum Scheitern des Reims führt, nämlich im mittleren Melodieteil der letzten Strophe, legt den Schluss nahe, es könne sich hier um eine "Vers-Verrutschung" bei Drucklegung des Textes handeln.
Andererseits aber fragt man sich, warum dieser Vers-Verrutschungs-Fehler dann nie entdeckt worden ist; der heilige Nektarios hat ja noch insgesamt 15 Jahre nach Drucklegung seines Hymnen-Textes 1905 gelebt. Gestorben ist er im November 1920.
Dennoch bin ich persönlich davon überzeugt, dass der Vers Δέσποινα Παναγία im mittleren Melodieteil der letzen Strophe nicht vom heiligen Nektarios stammen kann. Einen Reim so deutlich zu verfehlen und das mittels eines bereits vorhandenen Verses, wäre enfach zu viel des Zufalls, und so sollte auch eine Diskussion zur Verbesserung dieses Verses erlaubt sein. Ich würde vorschlagen, ihn durch den Vers και άχραντε Παρθένε zu ersetzen. Dann wäre der Reim hergestellt und das so schöne Adjekiv άχραντος auf alle drei grundlegenden Eigenschaften Mariens bezogen, auf ihre Eigenschaft als Gottesgebärerin, als Braut und nun auch als Jungfrau. Ob diese Änderung oder irgendeine andere sinnvoll ist, kann debattiert werden. Auf jeden Fall möchte ich betonen, dass keine solche Änderung ohne eine Autorisierung, etwa durch die Mönche vom Heiligen Berg Athos, vorgenommen werden darf.
Die Aussprache des griechischen Textes
Griechische Texte kirchlicher Gesänge stehen zwar textlich dem Altgriechischen wesentlich näher als dem Neugriechischen, werden aber neugriechisch ausgesprochen; siehe dazu die Aussprache des Neugriechischen.
Die lautlichen Transkription
Die oben angegebene lautliche Transkription ist vorwiegend in gewöhnlichen lateinischen Buchstaben geschrieben. Diese werden etwa so wie im Deutschen gesprochen.
Es ist aber darauf zu achten, dass im Neugriechischen die mit "e" und "o" transkribierten Vokale offen gesprochen werden. Ein "e" muss also wie ein "e" in "Fett" oder ein "ä" in "spät" gesprochen werden, nicht wie ein "e" in "Beet", während ein "o" wie ein "o" in "Loch", nicht aber wie ein "o" in "wohnen" gesprochen wird.
Weiter aspieriert der Grieche nicht. Die Plosive "k", "p" und "t" werden also etwa wie "gg", "bb" und "dd" gesprochen.
Das griechische "sigma" (σ, ς) ist stimmlos, wurde deswegen mit dem deutschen Scharf-s ("ß") transkribiert. Dem stimmhaften "s" entspricht das griechische "zeta" (ζ).
Das griechische "delta" (δ)und das griechische "theta" (θ) entsprechen den englischen "th"-Lauten, das "delta" (δ) dem stimmhaften "th" wie im englischen Artikel "the", das "theta" (θ) dem stimmlosen "th" wie im englischen Wort "thick". Diese Laute wurden gemäß der Lautschrift wie "ð" bzw. "θ" transkribiert.
Das griechische "gamma" (γ) ähnelt zwischen Vokalen mehr dem deutschen "j" als dem "g", wurde aber auch in solchen Fällen mit "g" transkribiert, da griechisch-orthodoxe Gesänge nicht nur von griechischen Muttersprachlern gesungen werden und das "gamma" (γ) von vielen Nicht-Griechen dem Altgriechischen entsprechend wie "g" ausgesprochen wird.
Die wörtliche Übersetzung
Manche griechischen Wörter haben über die Jahrtausende einen Bedeutungswandel durchgemacht.
So hieß τόκος früher nur "das Gebären"; die personifizierte Bedeutung "Gebärerin" kam etwas später.
Κυρία, jedoch klein geschrieben, hieß im Altgriechischen "Vollmacht". Da es hier aber groß geschrieben ist, muss es eindeutig mit der späteren Bedeutung "Herrin" übersetzt werden.
δυσωπῶ (unkontrakiert: δυσωπέω) heißt etymoligisch "ich zer-auge" und meint, jemandem durch Bitten den Stolz aus den Augen zu nehmen und ihn oder sie dadurch zu erweichen; im Neugriechischen hat es aber die Bedeutung dessen erlangt, was man tun muss, um jemanden zu erweichen, nämlich innig anflehen. Der etymologischen Bedeutung "zer-augen" trägt die deutsche Übertragung mit "Die Augenlider senke traut!" Rechnung.
Das griechische Wort ἀσώματος heißt zunächst "körperlos", "leiblos", wobei mit Körper oder Leib auch der bloße Rumpf allein gemeint sein kann, was durch die Übersetzung "rumpflos" präzisiert werden kann. In manchen Übersetzungen[3] wird ἀσώματος mit "unfassbar" übertragen, was aber missverständlich wie "kann nicht verstanden werden" aufgefasst werden kann. Außerdem dürfte ἀσώματος weniger auf die Eigenschaft der Seraphim, dass sie, wie die Engel aller anderen Chöre ebenso, keinen Körper aus Fleisch und Blut haben, zielen, sondern auf die Vorstellung, die Seraphim hätten keinen Rump bzw. der Kopf gehe nahtlos (ohne Hals) in den Rumpf über, denn beim Propheten Jesaja liest man über die Seraphim: "Jeder hatte sechs Flügel: Mit zwei Flügeln bedeckten sie ihr Gesicht, mit zwei bedeckten sie ihre Füße und mit zwei flogen sie" (Jes 6,2 EU). Von eiem Körper (griechisch: σῶμα), womit sowohl im Deutschen wie auch im Griechischen der bloße Rumpf allein gemeint sein kann, ist nicht die Rede.
Metrik und Reimung der Übertragung
Meine Übertragung legt besonderen Wert auf metrische Perfektion. Dabei hat es mir nicht ausgereicht, der abwechselnden Folge von unbetonten und betonten Silben Rechnung zu tragen. Denn unter den betonten Silben gibt es welche, die stärker, und welche, die nicht so stark betont werden. Das ist in der Melodie ebenso. Meine Reimübertragung wurde auch in dieser Hinsicht dem in der Melodie vorzufindenden Pathos angepasst.
Die Kreuzreime entsprechen dem griechischen Vorbild. Sie beziehen sich sowohl auf die männlichen als auch auf die weiblichen Versenden.
Inhaltliche Genauigkeit der Übertragung
Die Übertragung habe ich im Wesentlichen im Januar 2014 fertig gestellt. Um theologischen Missverständnissen im Melodieteil C der ersten Strophe vorzubeugen und um dem Wortlaut des Original-Texte besser Rechnung zu tragen, habe ich diesen am 13. Oktober 2015 noch ein wenig abgeändert.
Im Wesentlichen trifft die Übertragung den Sinn sehr gut, oft nahezu ganz wörtlich. Die Bilder im griechischen Original wurden meist gar nicht, oft aber nur wenig geändert. So wurde etwa der "Hafen der Rettung" zu "Heilands Pforte", denn beide Bilder drücken aus, dass sie die Schwelle zum Heiland, zum Heil ist. Und die "Blüte der Unvergänglichkeit" wurde zum "Gewand der Unvergänglichkeit", dies aus metrischen, aber auch stilistischen Gründen; denn der Nachfolgevers "Gemach geweiht dem Worte" beginnt ja auch mit dem Augment "Ge-".
Das Bild des Vlieses, bekannt aus der griechischen Mythologie, scheint zunächst völlig aus der Übertragung verschwunden. Wörtlich genannt wirkt es im deutschen Text eher wie ein Fremdkörper. Eine Übertragung ins Deutsche soll vom Durchschnittsdeutschen verstanden werden, und der ist kaum mit der griechischen Mythologie vertraut. Das Vlies, eine Schafschur am Stück, galt wohl als eine Art Statussymbol, mit dem sich angesehene Männer wie mit einem Schurz schmückten. Dass das Vlies eine Zier ist, kommt in der Übertragung zum Ausdruck: die Muttergottes ist hier die Zierde des Thrones ihres Sohnen, sie erhält eine ähliche Funktion wie das Vlies. Im griechischen Vers ist das Vlies auch "panéndrosos", ganz betaut, alles betauend. Da kann doch wohl nur der Tau der Gnade gemeint sein, die sie durch den Heiligen Geist erhalten hat - sie ist also ganz betaut vom der Gnade des Heiligen Geistes -, und die sich auch an alle Menschen weitergeben will, indem sie diesen Tau weitergibt und so alle anderen Menschen mit dem Tau der Gnade bereichern will. Diesem Gedanken ist exakt eine Strophe später Rechnung getragen, wo die Muttergottes "des Gnadenstromes Delta" genannt wird.
Vor allem habe ich durch den Übergang zum im Deutschen geläufigeren Verbalstil die Strophen etwas lebendiger gestaltet, als dies im griechischen Nominalstil der Fall ist. Allerdings kommt der griechische Nominalstil der Eigenschaft der Unveränderlichkeit, einer göttlichen Eigenschaft, näher: "wie es war im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit". Die unterbrechungslos wiederholten großartigen, aber doch bewegungslosen Anrufungen im Griechischen drücken ganz besonders das sich nicht Verändernde, das Ewige aus und heben so die Erhabenheit Mariä besonders heraus.
Der Refrain nach jedem Verspaar ist um das Eigenschaftwort "jung" gegenüber dem Griechischen ein wenig erweitert, um die Melodie und Rhythmik beibehalten zu können: "Freu dich, Braut jung und unvermählt!" Er erinnert damit an den Anfang der heiligen Messe: "Introibo ad altare Dei. Ad deum, qui laetificat iuventutem meam." ("Zum Altare Gottes werde ich gehen. Zu Gott, der meine Jugend erfreut.")
Damit der Hymnus im deutschsprachigen Raum besser bekannt wird, ist die Weiterverbreitung meiner gereimten Übertragung unter Nennung meines Autorennamens gestattet. Der Wikipedia-Eintrag Agni Parthene ist bereits erfolgt.