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Der eucharistische Hymnus Adoro te devote von Thomas von Aquin

Ein gewöhnlicher, sehr schöner Gesang

Lateinischer Text, deutsche Übersetzung und Reimübertragungen aus dem Schott-Messbuch und dem Gottesdienst

Der folgende lateinische Text entspricht der meistgesungenen Version in den liturgischen Büchern. Es wurden insgesamt fünf Änderungen (siehe die Unterstreichungen) am Originaltext des Thomas von Auqin vorgenommen; zwei davon sind untragbar. Genaueres dazu im nächsten Abschnitt.

  Lateinischer Text
Thomas von Aquin
Wörtliche Übersetzung
ins Deutsche
Reimübertragung
Schott-Messbuch 1921
Reimübertragung 
Gottesdienst 1958
1. Adoro te devote,
latens deitas,
quae sub his figuris
vere latitas.
Tibi se cor meum
totum subiicit,
quia te contemplans
totum deficit.
Ich bete dich ergeben an,
verborgende Gottheit,
die unter diesen Gestalten
wahrlich eine Verborgenheit.
Dir sich mein Herz
ganz unterwirft,
weil es dich betrachtend
sich ganz wegmacht.
In Demut bet' ich dich,
verborgene Gottheit, an,
die du den Schleier hier
des Brotes umgetan.
Mein Herz, das ganz in dich
anschauend sich versenkt,
sei ganz dir untertan,
sei ganz dir hingeschenkt.
Gottheit tief verborgen,
betend nah ich dir.
Unter diesen Zeichen
bist du wahrhaft hier.
Sieh, mit ganzem Herzen
schenk ich dir mich hin,
weil vor solchem Wunder
ich nur Armut bin.
2. Visus, tactus, gustus
in te fallitur,
sed auditu solo
tuto creditur.
Credo quidquid dixit
Dei filius:
Nil hoc verbo veri-
tatis
verius.
Sehen, Tasten, Schmecken
in dir wird getäuscht,
doch durch das Hören allein
wird sicher geglaubt.
Ich glaube, alles was gesagt
Gottes Sohn;
Nichts ist wahrer als dieses
Wort der Wahrheit.
Gesicht, Gefühl, Geschmack
betrügen sich in dir,
doch das Gehör verleiht
den sichern Glauben mir.
Was Gottes Sohn gesagt,
das glaub' ich hier allein,
es ist der Wahrheit Wort,
und was kann wahrer sein?
Augen, Mund und Hände
täuschen sich in dir,
doch des Wortes Botschaft
offenbart dich mir.
Was Gott Sohn gesprochen,
glaube ich allein;
er ist selbst die Wahrheit,
nichts kann wahrer sein.
3. In cruce latebat
sola deitas,
at hic latet simul
et humanitas.
Ambo tamen credens
atque confitens,
peto quod petivit
latro paenitens.
Am Kreuz war verhüllt
allein die Gottheit,
aber hier verbirgt sich zugleich
auch die Menschheit.
Beides dennoch glaubend
und zudem bekennend
erbitte ich, was erbat
der bußfertige Räuber.
Am Kreuzesstamme war
die Gottheit nur verhüllt;
hier hüllt die Menschheit auch
sich gnädig in ein Bild.
Doch beide glaubt mein Herz,
und sie bekennt mein Mund,
wie einst der Schächer tat
in seiner Todesstund'.
Einst am Kreuz verhüllte
sich der Gottheit Glanz,
hier ist auch verborgen
deine Menschheit ganz.
Beide sieht mein Glaube
in dem Brote hier;
wie der Schächer ruf ich,
Herr, um Gnad zu dir.
4. Plagas, sicut Thomas,
non intueor;
Deum tamen meum
te confiteor.
Fac me tibi semper
magis credere,
in te spem habere,
te diligere.
Die Wunden, wie Thomas,
betrachte ich nicht;
als meinen Gott dennoch
bekenne ich dich.
Mach, dass ich dir immer
mehr glaube,
auf dich die Hoffnung setze,
dich liebe.
Die Wunden seh' ich nicht,
wie Thomas einst sie sah;
doch ruf' ich: Herr, mein Gott,
du bist wahrhaftig da!
O gib, daß immer mehr
mein Glaub' lebendig sei,
mach meine Hoffnung fest,
mach meine Liebe treu.
Kann ich nicht wie Thomas
schaun die Wunden rot,
bet ich dennoch gläubig:
"Du mein Herr und Gott!"
Tief und tiefer werde
dieser Glaube mein,
fester laß die Hoffnung,
treu die Liebe sein.
5. O memoriale
mortis Domini,
panis vivus, vitam
praestans homini!
Praesta meae menti
de te vivere
et te illi semper
dulce sapere.
O Gedenkzeichen
des Todes des Herrn,
lebendiges Brot, Leben
gewährend dem Menschen,
gewähre meiner Seele,
von dir zu leben
und dich ihr immer
lieblich zu schmecken.
O Denkmal meines Herrn
an seinen bittern Tod!
O lebenspendendes
und selbst lebend'ges Brot!
Gib, daß von dir allein
sich meine Seele nährt
und deine Süßigkeit
stets kräftiger erfährt.
Denkmal, das uns mahnet
an des Herren Tod!
Du gibst uns das Leben,
o lebendig' Brot.
Werde gnädig Nahrung
meinem Geiste du,
dass er deine Wonnen
koste immerzu.
6. Pie pellicane,
Iesu Domine,
me immundum munda
tuo sanguine.
Cuius una stilla
salvum facere
totum mundum quit ab
omni scelere.
Liebevoller Pelikan,
Jesus, Herr!
Mich Unreinen reinige
mit deinem Blut!
Davon ein einziger Tropfen
heil machen
die ganze Welt kann von
allem Verbrechen.
O guter Pelikan,
o Jesus, höchstes Gut!
Wasch' rein mein unrein' Herz
mit deinem teuren Blut.
Ein einz'ger Tropfen schafft
die ganze Erde neu,
Wäscht alle Sünder rein,
stellt alle schuldenfrei.
Gleich dem Pelikane
starbst du, Jesu mein;
wasch in deinem Blute
mich von Sünden rein.
Schon ein kleiner Tropfen
sühnet alle Schuld,
bringt der ganzen Erde
Gottes Heil und Huld.
7. Iesu, quem velatum
nunc aspicio,
oro fiat illud
quod tam sitio;
ut te revelata
cernens facie
visu sim beatus
tuae gloriae.
Jesus, den als Verhüllten
jetzt ich erblicke,
ich bitte, es geschehe das,
wonach ich so dürste:
dass ich, dich unverhüllten
Antlitzes sichtend,
in der Schau bin selig
deiner Herrlichkeit!
O Jesu, den verhüllt
jetzt nur mein Auge sieht;
wann stillst das Sehnen du,
das in der Brust mir glüht:
dass ich enthüllet dich
anschau' von Angesicht
und ewig selig sei
in deiner Glorie Licht.
Jesus, den verborgen
jetzt mein Auge sieht,
stille mein Verlangen,
das mich heiß durchglüht:
lass die Schleier fallen
einst in deinem Licht,
dass ich selig schaue,
Herr, dein Angesicht.
  Amen. Amen. Amen. Amen.

Gesungen im Studio von verschiedenen begnadeten Sängern in Begleitung eines kleinen Streichorchesters

Es wirkt etwas seltsam, wenn hier die Frau in der letzten Strophe "visu sim beatus" singt. Als Frau sollte sie eigentlich "beata" singen. Andererseits steht sie ja hier stellvertretend für alle Menschen. Ich bin sicher kein Freund des Gender-Mists; habe noch nie die Schüler Schwein ("SuS") genannt. Dennoch wäre es von Vorteil, stünde anstelle des dreiendigen Adjektivs "beatus, -a, -um" ein ein- oder zweiendiges, das eben für beide Geschlechter dieselbe Endung hat. Ich zumindest habe das so gemacht, als ich in der lateinischen Version des Agni Parthene "me supplicem tuere" ("schau auf mich demütig Bittenden/Bittende") gedichtet hatte.

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