Bildnachweis: Alle Bilder auf dieser Seiten kommen von der Marienbibliothek Halle.
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Bild oben: Seiten aus einer Abschrift des Jahres 1482 aus dem von Bartholomäus von Pisa 1385-90 geschaffenen Werk: De confirmitate vitae Beati Francisci ad vitam Domini Jesu.
Sie liegt in der Marienbibliothek zu Halle und wird im Folgenden Codex Hallensis genannt.
Oben links: Vorderseite von Blatt Nr. 170, mit dem Buch 2 dieses Werkes beginnt.
Oben Mitte: Vorderseite von Blatt Nr. 207, wo Beispiel 17 (2) zu "Franciscus radiator" beginnt.
Oben rechts: Rückseite von Blatt Nr. 207, wo Beispiel 17 (2) zu "Franciscus radiator" endet.
Die nummerierten Zeilen-Bilder im Text sind die auseinandergenommenen einzelnen Zeilen zum Beispiel 17 (2), das als Auslegung des vorausgehenden Beispiel-Komplexes 17 (1) im Abschnitt Franciscus radiator aufgefasst werden kann. Dabei entspricht Zeilennummer 1 der 12. Zeile der rechten Spalte der Vorderseite von Blatt Nummer 207, Zeilennummer 45 der letzten (56.) Zeile dieser Spalte, Zeilennummer 46 der ersten Zeile der linken Spalte der Rückseite von Blatt 207 und Zeilennummer 71 der 26. Zeile der letztgenannten Spalte.
Bartholomäus von Pisa hat sein Werk "De confirmitate vitae Beati Francisci ad vitam Domini Jesu" ("Über die Gleichförmigkeit des Lebens des seligen Franziskus zum Leben Jesu") in den Jahren 1385 bis 1390 verfasst. Es wurde vom Generalkapitel 1399 in Assisi approbiert. Die Original-Handschrift ist höchstwahrscheinlich verlorengegangen. Es gebe zumindest kaum Hoffnung, dass es noch gefunden wird, so die Analecta Franciscana in der Praefatio (Vorwort).
Als älteste Abschriften existieren aber der Codex Assisiensis, eine Handschrift in Assisi, dem Geburtsort des heiligen Franziskus, sowie der Codex Alvernae, eine Handschrift von La Verna, dem Ort, wo Franziskus während der Erscheinung eines Seraphs die heiligen Wundmale Christi eingeprägt wurden. Diese beiden Abschriften des Werkes von Bartholomäus von Pisa sollen in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstanden sein.
Im katholischen Bereich völlig unbekannt schien dagegen eine Handschrift in der Marienbibliothek Halle zu sein. Ich nenne sie deshalb den Codex Hallensis und berichte hieraus von der Prophezeiung eines nicht kanonisch gewählten, häretischen Papstes in Buch 2. Diese Handschrift trägt das Datum des 16. Novembers 1482, mit dem Buch 1 endet. In Halle an der Saale lebten Franziskaner und bildeten nach der Reformation noch eine Zeitlang die einzige katholische Bastion, das Franziskaner-Kloster, bis diesem 1564 Kurfürst Sigismund den Garaus machte.
Während der Codex Hallensis noch in die Inkunabelnzeit (Zeit der Wiegendrucke von 1453 bis 1500) fällt, dennoch kein Druck, sondern eine Handschrift ist, kommen 1510, 1513 jeweils in Mailand und 1590 in Bologna die ersten Drucke dieses Werkes "De conformitate".
1912 nun wurde es als Teil der Analecta Franciscana (1855-1983) kritisch aufgelegt. Die Druckeditionen werden dort nämlich mit den beiden italienischen Handschriften verglichen. Der Codex Hallensis bleibt jedoch unberücksichtigt. Dies dürfte weniger daran gelegen haben, dass Halle in Deutschland und nicht in Italien liegt, sondern eher an der Tatsache, dass die Abschrift von Halle nach den Wirren der Reformation letztlich mit der Marienbibliothek in die Obhut der evangelischen Kirche gelangt ist und Kontakte zu katholischen Franziskanern damals kaum noch bestanden haben dürften.
Hier aber möchte ich mich auf die Handschrift in Halle beziehen. Sie scheint mir aus gewissen Gründen, etwa weil sie als einzige Bruder Angelus in besagter Prophezeiung als Zeugen erwähnt, dem Urtext des Bartholomäus von Pisa ohnehin am nächsten zu kommen.
Von Franziszi Tod 1226 bis zur Schrift De conformitate 1385-90 sind etwa 160 Jahre vergangen. So erhebt sich die Frage nach der Überlieferungsgeschichte während dieser Zeitspanne. Im Text selbst (Zeile 3-4) wird Bruder Leo als schriftlicher Zeuge angegeben. Er gilt als einer der vier Franziskus-"Evangelisten". Seine Franziskus-Vita wurde vom Franziskaner-Orden anerkannt, ist aber verloren gegangen. Es behandelt, wie uns P.DDr. Sophronius berichtet, in erster Linie die Regel.
Die Analecta Franciscana sagen uns, dass Bartholomäus von Pisa weitgehend aus der Expositio Regulae des Angelus Clarinus (Clarenus) übernommen hat.
Das 17., werden sie zeigen, gibt es deshalb, weil der selige Franziskus ein Schisma vorausgesagt hat, das jetzt da ist in der heiligen Kirche Gottes. Vom Gegenpapst und noch mehreres andere vom Orden hat er vorausgesagt, wie die Gefährten des seligen Franziskus berichtet haben. Und Bruder Leo hat geschrieben, der selige Franziskus habe wahrgenommen, dass Zeiten einer Drangsal, die sich anschickt zu kommen und da zu sein, sich nähern, Zeiten, in denen auf geistige und weltliche Weise gefährliche Situationen hereinschwemmen würden, die Liebe vieler erkalten, die Bosheit überhandnehmen, der Dämonen Macht mehr als gewöhnlich losgebunden und seines und der anderen Orden unbefleckte Reinheit entstellt würde. Und die unheilige Zwietracht und der Abfall von jedem der beiden Machtansprüche würde in solchem Maße Erfüllung finden, dass dem Papst und der römischen Kirche nur die wenigsten aus Liebe zur Wahrheit gehorchen würden. Irgendwer, nicht kanonisch gewählt und von häretischer Schlechtigkeit infiziert, würde am Knöchelchen dieser Drangsal zum Papsttum erhoben; viele scharfsinnig mit dem Tod seines Irrweges zu versorgen würde er sich ins Zeug legen. Dann würden vervielfachen sich die Ärgernisse und daraufhin geteilt sein eigener Orden bis zu dem Punkt, da ziemlich viele von den anderen zerbrechen würden und mehrere dem Irrtum beipflichten und nicht widersprechen würden. Und Meinungen und Schismen gäbe es so viele
und so große im Volk, in den Orden und im Klerus, dass, wenn nicht abgekürzt würden jene Tage gemäß dem Wort des Herren, wenn es geschehen könnte, in den Irrweg hineigezogen werden würden sogar die Auserwählten, wenn sie nicht aus einer unermesslich großen Barmherzigkeit Gottes heraus gerade gerichtet würden.
Es wollte also der selige Franziskus gemäß dem, was er aus der Offenbarung wahrgenommen hatte, aus jenen Worten der Regel: "Franziskus verspricht Gehorsam und Ehrerbietung Papst Honorius und seinen kirchenrechtlich ins Amt tretenden Nachfolgern und der römischen Kirche." dem Apostolischen Stuhl Gehorsam versprechen und treu anhängen, gemäß dem geäußerten Wunsch nach einem evangeliumsgemäßem Leben seine Erfahrung mit der Strenge darbieten und die Gefahr der zukünftigen Verführung in der Kirche vorausverkünden und ein Heilmittel dagegen geben. Es ist offensichtlich, dass dann einherschreiten würden die Brüder in wackerer und vollkommener Beobachtung der gelobten Lebensführung und Regel. Verschanzen würden sie sich, sobald irgendwer nicht kononisch Gewählter das Papsttum tyrannisch zu usurpieren, aber auch, von häretischer Schlechtigkeit infiziert, pervers zu halten scheinen würde. Es sind ja dann, wie er zu sagen pflegte, glücklich diejenigen, die ausharren werden in dem, was sie begonnen haben, und freiwillig versprochen haben, dem Herrn Ehrerbietung zu erweisen.
Es sprach auch der selige Franziskus vor dem Herrn Ostiensis und vielen Brüdern, und auch vor dem Volk hat er häufiger gepredigt, dass seine Brüder unter der Fürsorge böser Geister sich zurückziehen werden vor dem Weg der heiligen Einfachheit und auch der höchsten Armut. Und Geld, Testamente und alles ihnen Vermachte würden sie annehmen. Und nach Verlassen der ärmlichen und einsamen Wohnungen würden sie in Kastellen und Städten kostspielige Wohnungen bauen, die nicht den Status der Armen darbieten, sondern einen von den Herren und Fürsten der Welt begünstigten. Und Privilegien von der Kirche und den Päpsten würden sie sich mit viel Verschlagenheit, menschlicher Klugheit und Rücksichtslosigkeit besorgen und durchsetzen, Privillegien, die die Reinheit der gelobten Regel und Lebensführung, die ihnen von Chrisuts offenbart wurde, nicht nur lockern, sondern zerstören. Mit diesen Privilegien zu Streitereien und zum Antun von Unrecht gewappnet, werden sie sich nicht nur den Menschen der Welt, sondern auch den anderen Ordensleuten und dem Klerus durch ihr Übermütigsein hartnäckig entgegenstellen. Sich selbst würden sie eine Grube graben, in die sie letztlich fallen würden, und Samen würden sie säen, von denen sie viele Skandale ernten würden. Und einen würdigen Hirten nicht, sondern einen Exterminator wird ihnen senden Christus, der ihnen gemäß ihrer Finte und ihrem Eifer vergelten würde. Auch wird er eine starke Versuchung anregen, gleich als wenn sie fürchteten, in die Begierlichkeiten ihrer Sehnsüchte involviert und verstrickt zu werden, damit sie, von Gottes gerechtem Gericht gezüchtigt, zu ihrer Berufung Stand als Gedemütigte zurückkehren oder von der lebensspendenden, heilsamen Art zu leben, die sie vor dem Herrn bis an das Ende zu bewahren geschworen hatten, von Grund auf herausgerissen werden. Denn die Wahrheit wird dann von den Predigern mit Schweigen überdeckt werden oder erst zerstampft und dann geleugnet werden. Und einer Lebensführung Heiligkeit wird von ihren eigenen Lehrern ins Lächerliche gezogen werden. Diejenigen aber, die, vom Geist glühend, an der Armut und an der Frömmigkeit festhangen werden, werden unzählige Verfolgungen auf sich nehmen.
Es pflegte auch der selige Franziskus zu predigen, sowie die Gefähren berichtet haben - freilich bezeugten dies die Brüder Bernardus, Angelus, Massäus, Leo und die übrigen Gefährten -, dass dann die Agitationen und der Anfall der Dämonen und perversen Menschen gegen die einfach lebenden Menschen so groß sein wird, dass sie, von allen verlassen, gezwungen werden, verödete und einsame Orte aufzusuchen oder zu den Ungläubigen überzulaufen oder wieder den Laienstatus anzunehmen und verstreut in der Fremde das Leben zu führen oder verborgen zu sein bei all den einzelnen Gläubigen oder unter zahllosen Falschanklagen und Beschwerden sowohl unzählige Strafen als auch den Tod auf sich zu nehmen. Und glücklich wird sein, welcher dann, pflegte er zu sagen, einen treuen Gefährten wird finden können. Denn diejenigen, die sie verfolgen, werden, angepeitscht von bösen Geistern, sagen, dass groß sei der Gehorsam vor Gott, derart verseuchte Menschen zu töten und von der Erde zu tilgen. Es sah nämlich der selige Franziskus voraus, wie Bruder Leo und die Gefährten des seligen Franziskus bezeugten,
dass Untergebene und andere, die im Orden zugegen wären, große Unannehmlichkeit bereiten würden denjenigen, die die Regel einhalten wollen. Und dies sagte der selige Franziskus Papst Honorius bei der Bestägigung der Regel.