Der 400 Jahre alte Fehler im letzten Sinnspruch der Malachiasweissagung zugunsten von "Papst" Franziskus

Zur Verständnisses dieses Fehlers ist es nötig, darauf zu verweisen, dass die sog. Malachias-Prophezeiung im Buchband LIGNVM VITAE (Lignum Vitae) nicht für sich allein abgedruckt ist, sondern zusammen mit den Papstnamen und den Auslegungen. Diese werden Adiecta (Hinzugefügtes) genannt und werden in diesem Druck einem gewissen Ciaconius zugeschrieben.

Zur Verfasserfrage

Vom irischen Bischof Malachias (1094/95-1148) stammt kein einziges Wort der sog. Malachias-Weissagung. Als sie irgendwann im 16. Jahrhundert entstand, war er längst verstorben. Mit ziemlicher Sicherheit stammen die prophetischen Sinnsprüche (vom 72. bis zum 112.) vom heiligen Philipp Neri. Er ist im Jahre des Drucks, 1595, verstorben und hatte nachweislich zu seinen Lebzeiten Päpste prophezeit, wie aus den Acta Sanctorum entnommen werden kann. Mehr dazu habe ich bereits in Wikipedia geschrieben. Der Verfasser der „Adjecta“, genannt ist ja Ciaconius, bleibt aber nach wie vor umstritten.

Verweis auf alle Sinnsprüche

Wer sich für alle Sinnsprüche mit Übersetzung und den meisten Auslegungen interessiert, den möchte ich auf meine folgende Wikipedia-Benutzerseite verweisen:
Malachiasweissagung (Inhalt und Auslegung)
Dieser Artikel ist zwar noch nicht fertig, ansonsten dürfte er, bezogen auf das Internet, die ausführlichste Online-Darstellung der gesamten Malachiasprophezeiung beinhalten, der 71 gefälschten (in rötlichem Hintergrund) sowie der 41 prophetischen Sinnsprüche (in goldenem Hintergrund).

Die letzten Sinnsprüche

Der Titelbild-Auszug zeigt hier rechts die Sinnsprüche

De medietate lunae“ („Von der Hälfte (Mitte) des Mondes) für Johannes Paul I., der bei Halbmond gewählt wurde und nur einen guten Mond lang Papst war; in seinem Namen Luciani und in seinem Bistum Belluno steckt der halbe oder ganze Mond, lateinisch: „luna“.

De labore solis“ („Von der Mühsal der Sonne“, „von der Sonnenfinsternis“) für Johannes Paul II., der jeweils an einer Sonnenfinsternis geboren und begraben wurde, vom Aufgang der Sonne kam und wie die Sonne um die Erde reiste,

Gloria olivae“ („Ruhm des Ölbaums“, „Ruhm dem Ölbaum?“) für Benedikt XVI., in dessen Pontifikat der Ruhm, also der Triumph der Kirche fallen wird, wie das Symbol der Kirche, der Ölbaum, erst spät Früchte trug und sehr alt wird.

In persecutione extrema S. R. E. sedebit.” („In äußerster Verfolgung der Heiligen Römischen Kirche wird er thronen.“) für Franziskus. Dabei kann man „in äußerrster Verfolgung“ sowohl zeitlich als auch örtlich (inmitten der Verfolger) auslegen.

Vermerkt muss noch werden, dass dieser letzte Sinnspruch stilistisch ganz anders ist. Er ist ein Aussage-Satz und enthält mit S.R.E. die heilige römische Kirche in direkter, nicht symbolhafter Weise. Das sehe ich als einen Hinweis dafür, dass dieser „Er“ zwar erwähnt werden muss, denn Philipp Neri sah alle Conclavia, so auch dieses, jedoch keinen richtigen Sinnspruch erhalten sollte, da es sich eben um keinen rechtmäßigen Papst handelt.

Das letzte Statement vor der Schluss-Erklärung

Nach dem, wie ich behaupte, letzten Sinnspruch folgt in einem neuen Absatz:

Petrus Romanus, qui pascet oves in multis tribulationibus: quibus transactis civitas septicollis diruetur, et Iudex tremendus iudicabit populum suum. Finis.“ („Petrus der Römer, der weiden wird die Schafe in vielen Bedrängnissen; wenn diese vorbeigegangen sind, wird der Siebenhügel-Staat (die Siebenhügel-Stadt) zerstört werden, und der schreckliche Richter wird sein Volk richten. Ende.“)

Die darauffolgende, Schlusserklärung, ein Satz über die ganze Seitenbreite verteilt, besagt nur, dass das Hinzugefügte nicht von Malachias, sondern von Ciaconius ist.

Sollte nun dieses letzte Statement „Petrus Romanus, qui pascet . . .“ trotz seiner ungewöhnlichen Länge ein Sinnspruch sein, dann kann es sich nicht auf Franziskus, sondern nur auf den nächsten Papst oder vielleicht sogar übernächsten Papst beziehen, falls unrechtmäßige Päpste nicht aufgeführt wären.

Es bleibt also unbedingt festzuhalten, dass, obwohl dies immer geschehen ist, "Papst" Franziskus kein Attribut „Petrus Romanus“ als von „Malachias“, d.h. von Philipp Neri stammend zugeordnet werden kann.

Das letzte Statement vor der Schluss-Erklärung als Auslegung des letzten Sinnspruchs

Sieht man sich aber dieses Petrus-Romanus-Statement genau an, merkt man, dass es im Stile von Papstname mit anschließender Auslegungen geschrieben ist. Eine Auslegung, obwohl doch der Papst erst in der Zukunft liegt. So eine Auslegung hielt man eben für möglich, da uns ja die Heilige Schrift, die katholische Lehre, aber auch das Dies irae einiges über das Ende der Welt sagt, und man glaubte offenbar, nach dem Ende des letztprophezeiten Papstes sei bereits das Ende der Welt.

Mit dem Papstnamen „Petrus Romanus“ statt „Petrus II.“ ging man natürlich auf Nummer sicher. Wer weiß, ob sich in der Zwischenzeit nicht doch einer Petrus nennt. Und sollte der letzte Papst nicht mal Petrus heißen, so dient ja Petrus immer noch als Synonym für Papst. Man bedenke, dass es sogar Leute gibt, die den Heiligen Stuhl „Stuhl Petri“ nennen, obwohl zwölfmal so viele Piusse drauf saßen.

Weiter können die vielen Drangsale, die Zerstörung des Siebenhügelstaates oder der Siebenhügelstadt, sei es Rom oder das apokalyptische „Babylon“, als eine Auslegung der extremen Verfolgung verstanden werden.

Am deutlichsten zeigt aber der Stil des mit „Petrus Romanus“ beginnenden Absatzes, dass er völlig identisch mit den anderen Papstnamen+Auslegungs-Statements ist. Den letzten Auslegungen folgt sogar nach dem Papstnamen stets ein Relativpronomen, wie eben auch hier nach dem „Petrus Romanus“, dem das Relativpronomen„qui“ folgt. Die folgende Graphik verdeutlicht dies:

Der 400 Jahre alte Fehlerteufel

Bei der Weiterverbreitung der Malachias-Prophezeiung wurden aber offenbar Punkt und Absatz nach dem „sedebit“ übersehen. Am deutlichsten verunmöglicht der Absatz eine Fortführung des Sinnspruchs „In persecutione extrema S.R.E. sedebit“.

Fehlt nun dieser Absatz, dann entsteht unmittelbar nach dem auf Benedikt XVI. bezogenen Sinnspruch „Gloria olivae“ der Satz, den ich hier nur deutsch niederschreibe:

„In äußerster Verfolgung der heiligen römischen Kirche wird Petrus Romanus thronen, der seine Schafe in vielen Bedrängnissen weiden wird. Wenn diese vorbei sind, wird die Siebenhügelstadt zerstört werden, und der schreckliche Richter wird sein Volk richten.“
Das „Finis“ („Ende“) fehlt meistens.

Dieser zusaemmengeschmiedete Satz erweckt nun den Eindruck, dass man dem letzten Papst mit Sinnspruch „Petrus Romanus“ ausnahmsweise mal einen ganzen Satz widmen wollte. Von diesem ganzen Satz, der ja dann der eigentliche, viel zu lang geratene Sinnspruch wäre, bleibt dann nur der Papstnamen-Prophezeiungs-Versuch bzw. das Papst-Synonym „Petrus Romanus“ übrig. Das hatte nun folgende Konsequenzen:

1. Die Menschen verspielten in den Wettbüros durch Setzen auf den Papstnamen „Petrus“, wo ihnen kaum noch eine 1:1-Wette geboten wurde, viel Geld.

2. Dieser „Petrus Romanus“, wenn er denn ein Sinnspruch wäre, wurde durch das Zusammenschmieden mit dem Sinnspruch „In persecutione extrema S.R.E. sedebit“ um einen Sinnspruch vorgelagert und somit auf „Papst“ Franziskus bezogen, der ja, sofern man nun wieder den ganzen Satz in Betracht zieht, seine Schafe kurz vor dem Ende der Welt „weiden“ soll, ihnen also wertvolle Anweisungen gibt und nicht, wie der heilige Franz von Assisi prophezeit hat, vielen den Tod seines Irrtums zu trinken gibt.

Dass sich so ein Fehler über 400 Jahre lang erhalten kann, kommt natürlich vom Abschreiben. Wer hatte schon, als es noch kein Internet gab, Einblick in das Original! Man schrieb halt von anderen Abschreibern ab, und so pflanzt sich der Fehler fort.

Man nennt aber einen Fehler nicht umsonst Fehler-"Teufel". Dass der Teufel daran interessiert ist, „Papst“ Franziskus als einen Papst rüberzubringen, der seine Schafe weiden wird, sollte klar sein.

Die Hauptdummheit sehe ich aber bei den Schöpfern des Drucks in Lignum Vitae. Um die „Malachias“-Weissagung interessant zu gestalten, hat es ihnen offenbar nicht genügt, 71 deutlich erfüllte Sinnsprüche nach vorne hinzuzufälschen, nein, sie mussten auch noch den letzten Sinnspruch im Stile des Dies irae schaurig auslegen, damit sich die Gesamtschau besser verkauft, und – das nur nebenbei - erklärten dabei Gott für schrecklich. Und so spukt der "schreckliche Gott" heute noch in manchen Köpfen rum.

Einen ausführlicher Artikel dazu gibt es hier:

Malachiasweissagung und Petrus-Romanus-Narretei

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