Bild links: Titelbild des schönsten YouTube-Videos Ave Maris Stella von Lyrical-Verse Ascent (siehe weiter unten)
Bild rechts: Photographie eines Gemäldes aus dem 19. Jahrhundert: "Maria Stern des Meeres" (Public Domain)
Die in folgende, rechts stehende deutsche Reimübertragung dürfte einer Fassung des Jesuiten Johannes Heringsdorfan, die 1637 im Gesangbuch Psälterlein in Köln erschienen ist, entlehnt sein.
Lateinischer Text | Deutsche Übersetzung | Reimübertragung | |
1. |
Ave, maris stella, Dei mater alma atque semper virgo, felix caeli porta. |
Sei gegrüßt, des Meeres Stern, |
Ave, Stern der Meere, |
2. |
Sumens illud „Ave“ |
Annehmend jenes „Ave“ aus Gabriels Mund, verankere uns im Frieden, ändernd Evas Namen! |
Aus des Engels Munde |
3. |
Solve vincla reis, |
Löse die Fesseln den Schuldigen, |
Lös das Band der Sünden, |
4. |
Monstra te esse matrem, |
Zeige, dass du bist eine Mutter; es auf sich nahm, zu sein dein. |
Dich als Mutter zeige; |
5. |
Virgo singularis, |
Jungfrau einzigartige, |
Jungfrau, allzeit reine, |
6. |
Vitam praesta puram, |
Gewähre ein reines Leben, |
Woll' ein reines Leben, |
7. |
Sit laus Deo Patri, summo Christo decus, Spiritui Sancto honor, tribus unus. |
Es sei Lob Gott dem Vater, |
Lob sei Gott dem Vater, |
Amen. | Amen. | Amen. |
Gemäß Guido Maria Dreves & Clemens Blume ("Ein Jahrtausend lateinischer Hymnendichtung, eine Blütenlese aus den Analecta Hymnica mit literarhistorischen Erläuterungen", Leipzig, O. R. Reisland, 1909, Teil II, S. 238), der die Originaltexte, so sie denn ermittelbar sind, editiert, heißt es in Strophe 4, Vers 2 wohl um eines Reimes mit "matrem" willen: "sumat per te precem". Das Gebet ("prex") wird hier also im Singular verwendet; klassisch steht immer der Plural: "preces".
Das Gedicht besteht aus sieben Vierzeilern, wobei jede der vier Zeilen sechs Silben in drei akzentuierend trochäischen Versfüßen hat. Völlig unverständlich ist, wieso in Strophe 5, Vers 3, diese trochäische Metrik verletzt wird, denn "culpis" betont man auf der ersten Silbe. Mit einer simplen Umstellung, "culpis nos solutos", wäre der akzentuierenden Metrik bereits Genüge geleistet. Womöglich war die Urfassung auch so. Dass "spiritui" nach lateinischer Betonungs-Normierung den Ton auf der zweiten Silbe ("spi-rí-tu-i") hat, findet dagegen in der gesprochenen Praxis keine Beachtung. Spräche man, wie in klassischer Aussprache-Praxis sicherlich oft der Fall gewesen, das Schluss-"tui" einsilbig, dann würde bereits der Akzent auf die erste Silbe rutschen.
Beim folgenden wunderschöne Gesang wurde der Altarraum einer Kirche als Bühne missbraucht, sodass hier kein Video gezeigt werden kann, sondern nur eine Tonaufnahme.
Die folgenden deutschen Marienlieder haben das lateinische Ave maris stella als Grundlage:
Das erstgenannte Lied, "Meerstern, ich dich grüße", gibt dabei den lateinischen Ave-maris-stella-Hymnus großenteils wieder, enthält aber auch einiges Zusätzliche. Abgesehen von den dort vorkommenden O-Maria-hilf-Einschüben und dem Refrain, wäre es, ebenso wie die weiter oben niedergeschriebene Reimübertragung "Ave Stern der Meere" auf Melodie und Metrik des lateinischen Ave maris stella singbar.
Das zweite deutsche Meersternlied, "O Stern im Meere", weicht inhaltlich etwas weiter von der lateinischen Urfassung ab und ist auch metrisch anders aufgebaut.