Die derzeitige vollständige Fassung des deutschen Marienliedes "Maria zu lieben'" hat neun Strophen, wobei aber die Strophen 5 bis 8 als Fürbitten den Eindruck erwecken, als seien sie erst später hinzugefügt worden. Sie tanzen nämlich aus der Reihe und durchtrennen die Verbindung zur abschließenden neunten Strophe. Deswegen lasse ich diese Strophen hier weg, fasse sie aber zu einem Extra-Lied, "Ecclesia crescat", zusammen. Der Titel, deutsch: "die Kirche gedeihe", resultiert von einer zusätzlichen Kirchenstrophe, die ich den anderen vier Bittstrophen vorausgeschickt habe. Eine Bitte für die Kirche fehlte nämlich im Original-Text, den ich zudem in einer Strophe leicht verändern musste.
Hier nun aber "Amare Mariam" als Übertragung der Strophen 1 bis 4 und 9:
Lateinischer Text | Wörtliche Übersetzung | Deutscher Originalext | ||
1. | Amare Mariam perpetua mens. Sic virgini servum sum gaudens ac flens. Cor meum, Maria, perardet ad te, o decus caeleste laetificans me. |
Zu lieben Maria ↵ [meine] immerwährende Gesinnung. So der Jungfrau ein Sklave bin ich, mich freuend und auch weinend. ↵ Mein Herz, Maria, brennt heftig zu dir, o himmlische Zier freudig stimmend mich. |
1. | Maria zu lieben ist allzeit mein Sinn. In Freuden und Leiden ihr Diener ich bin. Mein Herz, o Maria, brennt ewig zu dir in Liebe und Freude, o himmlische Zier! |
2. | Maria dulcedo, clementia, spes, assumas amorem, cor, proprias res. Nam mater es mea; conformor a te; solummodo tibi devoveo me. |
Maria Wonne (Süßigkeit), Milde, Hoffnung, aufnehmen mögest [meine] Liebe, [mein] Herz, [mein] Eigentum. Bist ja meine Mutter; werde passend geformt von dir; allein nur dir gebe ich mich auf Leben und Tod. |
2. | Maria, du milde, du süße Jungfrau, nimm auf meine Liebe, so wie ich vertrau! Du bist ja die Mutter, dein Kind will ich sein im Leben und Sterben, dir einzig allein. |
3. | Fac toto me corde diligere te. Fac, signis amoris colaris a me. A te nil doloris, nil separet me; nam deamo semper et iugiter te. |
Mach mich aus ganzem Herzen hochschätzen (lieben) dich. Mach, dass mit Zeichen der Liebe du verehrt wirst von mir. Von dir nichts des Schmerzes, nichts sondere mich ab, denn verliebt bin ich immer und endlos andauernd in dich. |
3. | Gib, dass ich von Herzen dich liebe und preis! Gib, dass ich viel Zeichen der Liebe erweis! Von dir mich nichts scheide, nicht Unglück noch Leid! Dich lieb ich auf ewig, dich lieb ich allzeit. |
4. | Si cordium mille saliret in me, his cunctis augeri discuperem te. Cum palpitat meum, tum tuo dat se, et quoties spiro, se iungunt in te. |
Wenn der Herzen ein Tausend hüpfte (würde hüpfen) in mir, dass mit all diesen überhäuft wirst du, würde ich sehnlichst begehren. Immer wenn klopft das meine, dann dem deinen gibt es sich, und soviel("wieviel")mal ich atme, sie sich verbinden in dir. |
4. | Ach, hätt ich der Herzen nur tausendmal mehr! Dir tausend zu geben, das ist mein Begehr. So oft mein Herz klopfet, befehl ich es dir. Sovielmal ich atme, verbind ich dich mir. |
5. | Nunc perpes hoc foedus et me benedic, cor nomine tuo condecorans hic. Cum moriar, ades, manuque me duc in caelum supremum, quo sedes illuc. |
Nun diesen beständigen Bund und mich segne, [mein] Herz mit deinem Namen sorgfältig (mit)zierend hierbei. Wenn ich sterben werde, sei da und mit (an) der Hand mich führe in den obersten Himmel; wo du thronst, dorthin. |
9. | O Mutter, nun segne den ewigen Bund! Dein Nam' mir versiegle das Herz und den Mund! Sei bei mir im Tode, dann reich mir die Hand und führ mich nach oben ins himmlische Land! |
Perfekte Akzentmetrik, was gar nicht so leicht war, da die 11silbigen Verse an der letzten und viertletzten Silbe betont werden, während ein lateinisches Wort auf der vor- oder drittletzten Silbe betont wird, es sei denn, dieses ist einsilbig. So mussten also alle, naja: fast alle, Verse mit einem einsilbigen Wort enden.
Es gibt nämlich einige Ausnahmen, von denen ich auch Gebrauch gemacht habe, nämlich, wenn ein Imperativ-"e" wegfällt, sodass aus "benedíce" "benedíc" wird, oder wenn ein Enkliticum wie z.B. "-ne", "-ce" oder "-que" den Ton auf die vorletzte Silbe des gesamten Wortes verschiebt und dann das Schluss-"e" wegfällt, wie dies hier bei "illúc" der Fall ist.
Perfekte Reime. Und diese Versschluss-Wörter, fast alle einsilbig, reimen sich nun alle.
Hiat-Vermeidung in jedem Vers. Das heißt, dass auf ein Wort, das mit einem Vokal(+m) endet, kein Wort, das mit (h+)Vokal beginnt, folgt, weil sonst zumindest im klassischen Latein Schluss- und Anfangssilbe zu einer einzigen verschmelzen würden.
Zäsur nach der sechsten Silbe. Das heißt, dass kein Wort die Grenze von sechster zur siebten Silbe überschreitet. Vielatmer können da dann ein wenig Atem holen.
Quantitäten: Und die letzte Silbe jedes Verses hat einen Langvokal, da ihr eine musikalisch lange Note zugeordnet ist.
Das Lied hat noch die Sonderheit, dass in jeder Strophe genau einmal das lateinische Wort für Herz, cor, in irgendeinem Casus, sei es im Plural oder Singular vorkommt. Das gibt übrigens genauso für alle Maria-zu-lieben Bittstrophen im Lied "Ecclesia crescat", auf welches der nächste Button verweist.