Im Titelbild links ein Aveglöcklein, in der Mitte das Angelusläuten von Jean-François Millet (Auf das Läuten des Aveglöcklein beten die Bauern den Engel des Herrn) und rechts die Patrona Bavariae über München.
Der gute Christ sollte dreimal am Tag, morgens, mittags und abends, den Engel des Herrn (Angelus) beten. Dazu sollte ihn der Klang einer Glocke, Aveglöcklein genannt, auffordern.
Eine wichtige Anmerkung: "läutet still" bedeutet nicht, dass das Aveglöcklein so leise läutet, dass man es kaum hört, sondern dass es zur Ruhe von der Arbeit läutet, um sich eine Weile dem Gebet, dem Angelus, widmen zu können, damit "alles die Jungfrau grüßen" kann.
Aveglöcklein läutet still – der gesamte vierstrophige Text | |||
1. | Aveglöcklein läutet still; Jungfrau alles grüßen will; wo ein reines Herz ihr schlägt, spricht es fromm und tiefbewegt: |
3. | Wo ein Brünnlein, klingt es hell, wo ein Vöglein, singt es schnell; bald ganz leise, bald ganz laut, bald so innig, bald so traut: |
Gegrüßt seist du, gegrüßt seist du, gegrüßt seist du, Maria! |
Gegrüßt seist du, gegrüßt seist du, gegrüßt seist du, Maria! |
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2. | Wo ein Röslein steht und glüht, wo am Bach ein Blümlein blüht, wo ein Reis und wo ein Zweig, flüstert alles alsogleich: |
4. | So grüßt nun die ganze Welt, und daraus wohl klar erhellt, dass ich in den Weltengruß herzlich auch einstimmen muss: |
Gegrüßt seist du, gegrüßt seist du, gegrüßt seist du, Maria! |
Gegrüßt seist du, gegrüßt seist du, gegrüßt seist du, Maria! |
In einem Liederbuch von 1930, das hier kostenlos heruntergeladen werden kann, ist dieser vierstrophige Text zweistimmig vertont. Es folgt der betreffende Auszug als Notenblatt.
Zu viele Achtel hintereinander, wenn es auch in diesem Fall nur drei sind (bei "Gegrüßt seist"), das aber bei zwei sehr konsonantenhaltigen Silben, sowie überhaupt der Wechsel von den schnellen Achtel- zu den langsamen Halbe-Noten funktioniert beim Volk nicht immer. Das Wallfahrervolk insbesondere will mit vollem Pathos bei der Sache sein und kann daher die ersten drei Silben von "Gegrüßt seist du" nicht so einfach im Galopp singen. Deswegen werden diese drei Achtel-Noten des Refrains oft als Viertel-Noten gesungen und das anschließende eine halbe Note lange "du" zusammen mit der Achtelpause auf eine Note der Gesamtlänge 3/4 ein wenig gelängt, sodass ein 3/2-Takt entsteht. Wenn man schon mal in den Dreier-Takt gerät, klingt es nur logisch, dass sich das auch auf den Nicht-Refrain, den Strophenanfang, auswirken muss. Dieser wird dann im 3/4-Takt gesungen, indem die zwei letzten Viertel vieler Takte in zwei Achtel verwandelt werden.
Als Beispiel schreibe ich Im Folgenden das erste Reimpaar mit den Notenlängen darunter nieder, so wie ich das Lied im Marienerscheinungs-Ort Heroldsbach gehört habe:
A- | ve | | | Glöck- | lein | läu- | tet | | | still, | Jung- | frau | | | al- | les | grü- | ßen | | | will, |
1/8 | 1/8 | 1/4 | 1/4 | 1/8 | 1/8 | 1/2 | 1/8 | 1/8 | 1/4 | 1/4 | 1/8 | 1/8 | 1/2 |
Beim Übergang zum Refrain folgt dann der bereits erwähnte Wechsel zum 3/2-Takt.
Ich persönlich finde diesen getragenen Walzer-Rhythmus wesentlich besser, vor allem weil der Refrain mit den nich gar so kurzem "Gegrüßt seist" viel getragener, viel feierlicher wirkt. Die Achtelnoten-Silben des "Gegrüßt seist" wirken dagegen wie ein Gruß im Vorbeigehen.