(Den echten Blitz gab's abends,
nicht im Morgengrauen wie hier.)
Es geht hier nicht um die Widerlegung der Gültigkeit des Papstrücktritts - ich wiederhole diese zwar -, sondern um die Anprangerung derjenigen, die sich weigern zu
begreifen, dass Benedikts Büttenrede vom Rosenmontag 2013 kein Rücktritt vom Papsttum war. Und zwar geschieht dies durch den Vergleich von Benedikts formaler Korrektheit in Bezug auf den Terminus
Heiliger Stuhl, ja, ich möchte sagen: Choreographie, in Summorum Pontificum mit dem diesbezüglichen Kauderwelsch in seiner Büttenrede. Zunächst aber
[[Wiederholung: Die drei Ungültigkeitsgründe in Kürze
1. Wie Arthur H. Lambauer im Disput mit mir festgestellt hat, wurde Benedikts angeblicher Rücktritt nicht gemäß Can. 189 CIC vor denen erklärt, von denen er das Amt
erhalten hat, sondern vor Priestern, die mit Heiligsprechungen zu tun haben, was er demonstrativ zu Beginn seiner Büttenrede betont hat, sodass der falsche Adressat sogar Teil der Büttenrede
ist.
2. Im original-gesprochenenText (ministerio . . . commissum)
erklärt Benedikt, dass er einer (von ihm nicht angesprochenen) Dienerschaft (Dativ: ministerio), einem Ministerium was am Wahltag von den Kardinälen Anvertrautes (Akkusativ: commissum) rückkündet (=
berichtet oder kündigt), was genau, ist nicht präzisiert.
3. Sollte es aber erlaubt sein, einen angeblich rechtsgültig gesprochenen Text nachträglich zu ändern, macht man also commissum zu commisso und damit zu ministerio
kongruent, dann erst wird klar, was ihm die Kardinäle anvertraut haben und er nun kündigen will, nämlich ein "ministerium", was Dienst heißt, auch Amt heißen könnte, gemäß Menge aber immer nur ein
Amt Untergebener sein kann, ein Dienstamt eben. Im Kirchenrecht heißt Amt immer munus, was hier aber vermieden wird. Nach dieser Lateinkorrektur also behält Benedikt das Papstamt, kündigt aber den
damit verbundenen Dienst, was er durch Papa emeritus (d.h. entpflichtet, nicht entrechtet) formal völlig korrekt ausdrückt.
(Übrigens erhält ein emeritierter Professor (im Gegensatz zu einem pensionierten) weiterhin seine vollen Bezüge, weil er ja sein Amt noch hat; muss (darf aber schon noch)
nur seinen Pflichten nicht mehr nachkommen, was aus seinen bereits geleisteten Verdiensten (e meritis) resultiert.
Der dritte Grund wurde meines Wissens ebenfalls zuerst von Arthur H. Lambauer erwähnt, wird nun aber von vielen anderen ebenso herangezogen, obwohl ich die ersten beiden
Gründe für mindestens ebenso schlagkräftig halte.]]
Die offiziellen Ausdrücke für den Heiligen Stuhl
Das Völkerrechtssubjekt "Heiliger Stuhl" hat zwei offizielle Ausdrücke, und zwar Sancta sedes und Apostolica sedes, wobei die Reihenfolge keine Rolle spielt. Es gibt
somit insgesamt vier offiziell korrekte Ausdrücke:
Sancta Sedes,
Sedes Sancta,
Apostolica Sedes,
Sedes Apostolica.
Ausdrücke wie Stuhl
Petri, Stuhl des hl. Petrus (oder
gar Stuhl
Roms),
wie sie in der Büttenrede vorkommen, gibt es nicht. Sehen Sie sich den Wikipedia-Eintrag vom Büttenredentag, dem Rosenmontag (11. Februar) 2011 an.
Da findet man keinen Stuhl Petri. Sucht man in diesem Artikel nach "Petri", findet man die Schlüssel Petri als Symbol des Heiligen Stuhls (nicht des "Stuhls Petri") sowie ikonographische Attribute
Petri. Erst spätere Einträge geben nun auch die Bezeichnung "Stuhl Petri" an. Wer Wikipedia-Autor ist, weiß, dass nicht Wahrheit, sondern das, was die Welt glaubt, Kriterium für das ist, was in
Wikipedia zu stehen hat. Da nun die Welt an den Papstrücktritt unter Verwendung von "Stuhl des heiligen Petrus" glaubt, muss nun auch wenigstens Stuhl Petri als Bezeichnung für den Heiligen Stuhl in
Wikipedia stehen.
Der Heilige Stuhl in Summorum Pontificum
In Benedikts Motu proprio Summorum Pontificum kommt
der Heilige Stuhl dreimal vor. Dass Benedikt sich in einem Schreiben, das ihm am Herzen liegt, korrekt ausdrückt, ist sowieso klar, auch, dass er ein Meister in formaler Korrektheit ist. Welchen oder
welche Ausdrücke wird nun Benedikt verwendet haben? Wir haben jeweils die vier oben erwähnten zur Auswahl.
Angenommen, Benedikt ist nicht nur formal korrekt, sondern auch ein Choreograph, wie wird er dann vorgegangen sein? Fragen und
Antworten:
Frage 1: Verwendet
er jeweils nur einen Ausdruck, oder bringt er in Appositionen auch mal zwei oder gar drei hintereinander?
Antwort 1: Sähe
es nicht hässlich aus, schriebe man: "Der Apostolische Stuhl, der Heilige Stuhl, gibt Folgendes bekannt:"? Ja, sowas wäre alles andere als eine Choreographie. Macht Benedikt
nicht.
Frage 2: Wenn
er sich also keiner Appositionen bedient hat, wird er dann dreimal oder wenigstens zweimal die gleiche Bezeichnung wählen oder wird er drei verschiedene Ausdrücke
wählen?
Antwort 2: Wir
haben in der Schule gelernt, dass man nicht immer die gleichen Ausdrücke nehmen sollte, weil das langweilig wirke. Abwechselnde Ausdrücke brächten mehr Leben ins Spiel. Choreograph Benedikt wird also
drei verschiedene Ausdrücke verwendet haben.
Frage 3: Welche
drei verschiedene also, wenn es doch vier gibt?
Antwort 3: Wir
wissen, dass man das Adjektiv sanctus immer vorzieht, wohl um die Heiligkeit besser zu betonen; Sanctus Franciscus, Sancta Barbara, Sancta ecclesia usw. Nur der Heilige Geist heißt heute meist
Spiritus Sanctus. Wenn wir uns also an die Sanctus-vorziehen-Regel halten, bleiben Benedikt die folgenden drei Ausdrücke, um ´seine Choreographie zur Perfektion zu
bringen:
Sancta Sedes,
Apostolica Sedes,
Sedes Apostolica.
Und genau diese drei Ausdrücke finden wir in Summorum Pontificum, keine Sedes Sancti Petri oder ähnliche Duselei. So ist Benedikt. Er ist nicht nur formal korrekt,
sondern eben auch ein Choreograph.
Die Sancta
Sedes findet
sich im Genetiv (Sanctae
Sedis)
gegen Ende des Motu proprio in Art. 12, wo der Kommission Ecclesia Dei die Ausübung der Autorität des Heiligen Stuhls zur Überwachung der Anordnung im Motu proprio zugestanden
wird.
Die Apostolica
Sedes findet
sich in der Ablativ-Form (Apostolica
Sede)
gegen Ende in Art. 6, wo zugestanden wird, dass Lesungen auch in der heimischen Sprache vorgetragen werden dürfen.
Die Sedes
Apostolica findet
sich wieder im Genetiv. Ich möchte diesen Satz vollständig zitieren, weil dessen Gültigkeit ja aufgehoben werden soll:
Ad talem celebrationem secundum unum alterumve Missale, sacerdos nulla eget licentia, nec Sedis Apostolicae nec Ordinarii
sui.
Deutsch: Zu
einer solchen Zelebration gemäß dem ein oder anderen Messbuch bedarf der Priester keinerlei Erlaubnis, weder des Apostolischen Stuhls noch seines Ordinarius (Diözesanleiter, meist ein
Bischof).
Der Heilige Stuhl in des Papstes Büttenrede
In seiner Büttenrede (hier lateinisch, deutsch und kommentiert)
aber kennt Benedikt offenbar nicht einmal noch die offiziellen Ausdrücke für den Heiligen Stuhl. Er sagt, dass er so (wem oder was auch immer) rückkünde, dass
die
Sedes Sancti Petri,
Sedes Romae
lehr steht. Anstatt also einen der vier richtigen Ausdrücke zu wählen, wählt er gleich zwei falsche. Da steckt nicht nur keine Choreographie drin, sondern es wird nach
dem ersten falschen Ausdruck gleich ein zweiter als völlig unnötige Apposition nachgeschoben, und dieser ist wieder falsch. Ich habe mich in diesem Artikel über
die Interpretationsmöglichkeiten dieser infoffiziellen Ausdrücke etwas lustig gemacht.
Wieso denn nun hat der Papst auf einmal seine Fähigkeit, nicht nur in offiziellem, sondern auch in choreographierten Stil zu schreiben verloren? Wenn ihm dieser
angebliche Rücktritt ein Anliegen gewesen wäre, hätte er unmöglich solches Zeug geschrieben.
Analyse unter Vorbehalt
Meine Analyse steht natürlich unter dem Vorbehalt, dass das Motu proprio richtig mitstenographiert worden ist. Ich konnte ja kein YouTube-Video finden, wo Benedikt sein
Motu proprio rezitiert hat. Ich muss zugeben, dass ich nicht einmal weiß, vor wem er es gesprochen hat, ob etwa auch das Merkel oder wenigstens der Dalai Lama im Auditorium
war.