Die vermeintliche Rolle des Privatsekretärs
Man hat den Eindruck, dass manche sich vom Wortbestandteil "privat" in "Privatsekretär" derart blenden lassen, dass sie glauben, der Privatsekretär eines Papstes sei dazu da, dass der Papst alle
seine Sorgen und intimsten Gedanken bei ihm niederlegen kann, dass er das Ohr ist, das des Papstes Worte einfängt, wenn er wieder mal aus dem Nähkästchen plaudert, dass er der Korb ist, wo er seinen
Kummer ablädt.
Auf jeden Fall scheinen manche zu glauben, der Privatsekretär wisse alles, was der Papst auch weiß. Der Papst nun aber hält sein Maul, aber - o, welch ein Glück! - wir haben ja den Privatsekretär!
Und dieser plaudert hin und wieder mal was aus. So verwundern solche Titel kaum:
Genau wie Gänswein es ausgeplaudert hat: Darum musste Papst Benedikt XVI. zurücktreten! (ein Überblicksartikel von Erntehelfer)
Gänswein enthüllt Details
zu Papst Benedikts Rücktritt (ein Artikel in der Süddeutschen)
Offenbar stört es dabei niemanden, dass doch dann Gänswein als Ausplauderer ein Verräter wäre, ein Verräter der Geheimnisse des Papstes. Ausplaudern zumindest meint, etwas zu sagen, was geheim
bleiben sollte.
Doch kann Gänswein überhaupt was ausplaudern? Natürlich nichts, weil er schlicht und einfach nichts weiß, zumindest nichts von Bedeutung.
Zwischen dem Papst und seinem Privatsekretär besteht ein Arbeitsverhältnis, ähnlich wie zwischen einem Rechtsanwalt und seiner Sekretärin. Und welcher Anwalt, welcher Professor oder wer auch immer
gibt seinem Sekretär oder seiner Sekretärin sein Intimleben preis, seine geschäftlichen Geheimnisse? Geschäftsgeheimnisse vielleicht, aber dann weiß das Sekretariat auch, dass es das Maul halten
muss. Da wird dann nichts ausgeplaudert.
Dass Leute solchen Unsinn glauben, der Privatsekretär plaudere was aus, enthülle was, hat meiner Meinung nach den Grund im Wortbestandteil "privat". Dieser blendet sie, indem sie sich einbilden, der
Privatsekretär sei der Kummerkorb des Papstes. Man müsse seinen Kummer mal loswerden, indem man ihn jemandem anvertraut, und dafür habe man ja den Privatsekretär.
Ähnliches glauben gewisse Leute vom Bruder des Papstes. Der müsse ja wohl alles wissen. Erzählt ihr alles einem Bruder, der es dann in die Welt hinausposaunt? Erzählt ihr alles einem Untergebenen,
den die Medien nachsagen, er sei "sehr kommunikativ", und der zugleich der Untergebene eures Konkurrenten ist, dem ihr euer Amt abgetreten habt?
Was nun habe der Privatsekretär ausgeplaudert?
Die Gründe, warum er zurücktreten musste! Die Mexiko-Reise sei zu anstrengend gewesen. Der Weltjugendtag stand bevor, und Papst Johannes Paul II. habe gesagt, dass da der Papst unbedingt anwesend
sein müsse. Auch erfahren wir, dass Benedikt XVI. das Amt gerne behalten hätte; nun ja, aber: die Weltjugendtag-Vorgaben seines Vorgängers waren offenbar zu hart. Unfassbar spannend gegenüber dem,
was wir in seiner Büttenrede am Rosenmontag des Jahres 2013 erfahren haben!
Da lernen wir ja zugleich, wie unselbstständig Papst Benedikt XVI. noch ist, lässt er sich vom toten Johannes Paul II. immer noch Anweisungen geben! Unvorstellbar, dass so ein Benedikt es je wagen
würde, in Regensburg den Koran nicht andächtig genug zu küssen; dass so ein Benedikt es wagen würde, die liturgischen Tänze zugunsten der Alten Messe zurückzudrängen!
Wir haben aber noch mehr erfahren; was Interessantes sogar, was ganz Interessantes! Dazu aber zuerst eine neue Überschrift:
Was aber hat uns Erzbischof Gänswein wirklich gesagt?
Erzbischof Gänswein hat uns den wahren Rücktrittsgrund Benedikts verraten, verschlüsselt allerdings. Der Schlüssel liegt in den Zeitangaben des sog. Rücktritts.
Wir wissen, dass sich einiges Unangenehme in Benedikts Papsttum getan hat.
Ich will hier nicht auf die tödliche Verunfallung seiner Haushälterin Manuela Camagni oder auf die Ermordung des Vorsitzenden der türkischen Bischofskonferenz, Luigi Padovese, seitens seines Chauffeurs Murat
Altun (der Zusammenhang mit der Papstaudienz wird im Compact-Magazin hergestellt) näher eingehen, nachdem dieser Bischof eine Audienz bei Papst Benedikt abgesagt hatte; denn diese Ereignisse des
Jahres 2010 nennt Gänswein nicht.
Es geht vielmehr um die Todesprophezeiung Benedikts innerhalb eines Jahres.
Fügen wir nun die im Artikel in der Süddeutschen von Erzbischof Gänswein
"ausgeplauderten" Informationen in die Ereigniskette ein:
November 2011: Kardinal Romeo prophezeit in mehreren Gesprächen während seiner China-Reise Ratzingers Tod: "innerhalb von 12 Monaten wird er sterben.“
Dezember 2011: Die Sachverhaltsdarstellung dazu trägt das Datum des 30. Dezember 2011. Darin steht auch: "Seine (Kardinal Romeos) Gesprächspartner dachten mit
Schrecken, daß es sich um einen Attentatsplan gegen den Papst handle“, so Kardinal Castrillon Hoyos. Im Schreiben findet sich ausdrücklich das Wort „Mordkomplott“.
Januar 2012: In der ersten Januarhälfte 2012 schickte der kolumbianische Kardinal Dario Castrillon Hoyos Papst Benedikt XVI. ein vertrauliches Schreiben des
Kardinals und die ebengenannte Sachverhaltsdarstellung.
Februar 2012: „Kardinal prophezeit Ratzingers Tod“, titelte am 10. Februar 2012, fast auf den Tag genau ein Jahr vor der Bekanntgabe des Amtsverzichts, die
Tageszeitung Der Standard. Zahlreiche Medien übernahmen die Meldung. Die Tageszeitung Il Fatto Quotidiano hatte am
selben Tag mit dem Titel: „Komplott gegen Benedikt XVI.: innerhalb von 12 Monaten wird er sterben“, die Spekulationen ausgelöst.
März 2012: "Demnach fasste Papst Benedikt XVI. seinen Entschluss ("zurückzutreten") bereits nach einer strapaziösen Reise im März 2012" (gemäß Gänswein in der
Süddeutschen). Sagt hier Gänsweins Zeitangabe März nicht viel mehr, dass der sog. "Rücktritts"-Enschluss eine Reaktion auf die in den vorausgegangenen Monaten Januar und Februar eingegangenen
Informationen ist? Sagt hier das Wörtchen "bereits" nicht viel mehr, dass Benedikt zeitnäher als vorher bekannt auf das Komplott reagieren wollte?
Dezember 2012: Gänswein weiß nach Informationen der Süddeutschen, dass Benedikt nicht erst im Februar 2013, sondern bereits im Dezember 2012, also
13 Monate nach den Mordkomplott-Geprächen,
12 Monate nach dem Datum der Sachverhaltsdarstellung,
11 Monate, nachdem er von Kardinal Hoyos informiert wurde,
10 Monate nach der Medienplauderei
seinen Rücktritt bekanntgeben wollte. Demnach wollte er sich bei der Einhaltung der 12-Monats-Frist nicht erst nach dem Mediengeplauder-Monat Februar , sondern bereits nach dem Monat der
Sachverhaltsdarstellung richten, dem ersten Schreiben mit Datum.
Februar 2013: Am Rosenmontag (13. Februar) überrascht Benedikt XVI. vor Heiligsprechungspriestern mit etwas, was uns die Medien als Papst-Rücktritt näher
brachten. Am 28. Februar tritt der angebliche Rücktritt in Kraft, gerade noch rechtzeitig, um dem Papstmacher Kardinal Kasper die Möglichkeit, in einem Konklave den Papst zu machen, zu bieten.
März 2013: Noch vor Konklave-Beginn, am 5. März, wird Kardinal Kasper 80 Jahre alt; entscheidend ist aber das Datum der vorgegaukelten Sedisvakanz. Und seit
13.03.13 nennt sich Kardinal Bergoglio 266. Bischof von Rom.