Duns Scotus: “Potuit, decuit, ergo fecit.”
Johannes Duns Scotus (im Bild oben rechts), ein, wie der Name schon sagt, Schotte, war ein franziskanischer Theologe der Scholastik, bekannt auch als Doctor subtilis aufgrund seiner
feinsinnigen Art. Bekannter ist allerdings seine Begründung der Unbefleckten Empfängnis Mariä: „Potuit, decuit, fecit.“ Damit ist gemeint: Gott konnte es, es ziemte sich, und somit hat es Gott auch bewirkt, dass die Gottesmutter ohne Erbsünde empfangen worden ist. Dieses Trikolon
„Potuit, decuit, ergo fecit“ nun brachte ihm die Ehrenbezeichnung Doctor Marianus ein. Wie auch hier, bedeuten aber solche Doctores noch keine Ernennung zum Kirchenlehrer.
Mariä Unbefleckte Empfängnis wurde etwa noch von Thomas von Aquin strikt verworfen, während der Franziskaner-Orden sie bereits früh in einem Fest gefeiert
hat.
Der Widerspruch zwischen Erbsünde und Unbefleckte Empfängnis
Nun gibt es aber ein Dogma über die Erbsünde, und dieses sagt:
Die Sünde Adams ist durch Abstammung, nicht durch Nachahmung, auf alle seine Nachkommen übergegangen. De fide.
Also müsste sie doch auch auf Maria als Nachkomme Adams übergegangen sein. Andererseits war es offenbar den Franziskanern damals schon klar, dass Gott nicht aus einem Leib geboren
werden kann, der auch nur mit der kleinsten Sünde befleckt ist.
Die Mär von der Vorauserlösung und Erlösungsbedürftigkeit
Duns Scotus glaubte nun dieses Problem mit der Vorauserlösung Mariä lösen zu können. In der heutigen Philosophie, die den Gesetzen der Logik gerecht werden will, würde so eine Lösung
nie und nimmer akzeptiert werden. Man kann nicht einen Teil dessen, was es zu zeigen gilt, nämlich die Erlösung der Menschheit, in die Voraussetzung mithineinnehmen: Um erlösen zu können, von einem
bereits erlösten Leib auszugehen, ist eine Zirkelschluss-Argumentation.
Zudem würde sich somit der Widerspruch zum o. g. Erbsünden-Dogma nicht oder in einer seltsamen Weise lösen. Die Erbsünde wäre nach diesem Dogma auch auf Maria übergegangen. Sie wäre
also mit ihr behaftet gewesen, doch aufgrund der Vorauserlösung sei sie bereits vor ihrer Existenz getilgt worden. Als Inhaberin der Erbsünde, bevor es sie (Maria) überhaupt gab, wäre sie immerhin
erlösungsbedürftig gewesen. Eine Beleidigung der Himmelskönigin!
Clemens Brentano und der Segen der reinen Mehrung
Eine befriedigende Erklärung der Unbefleckten Empfängnis gibt uns Clemens Brenano. Sie wird den angeblichen Visionen der A.K. Emmerich (im Bild oben links) zugeordnet und findet sich
in seinem Werk "Geheimnisse des Alten Bundes" auf Seite 33 bis 34:
"Es erschien mir als der Keim des göttlichen Segens zur reinen Mehrung, welcher von Gott dem Adam gegeben, ihm aber wieder
entzogen ward, da er im Begriffe stand, auf Eva zu hören und in den Genuss der verbotenen Frucht einzuwilligen; es war der Segen, den Abraham wieder erhielt, der dem Jokob genommen und durch Moses
wieder in die Bundeslade gegeben wurde, den zuletzt Joachim, der Vater Mariä empfing, auf dass Maria so rein und unbefleckt empfangen würde, wie Eva aus der Seite des schlafenden Adam
hervorgekommen."
Und in "Leben der hl. Jungfrau Maria" lesen wir auf Seite 44, dass, während sich Joachims Opfer mit Wohlgeruch verzehrte, ein Engel zu ihm sprach:
"Seine Unfruchtbarkeit sei ihm keine Schande, sondern ein Ruhm, denn was sein Weib empfangen werde, solle die unbefleckte Frucht aus Gottes Segen durch ihn, solle der Gipfel des Segens Abrahams sein".
Und auf Seite 44-45 sieht Joachim während dieses Opfers in einer Lichtkugel zusammenhängende Bildern vom Falle bis zur Erlösung der Menschheit, darunter sah er
". . . den Empfang des Segens durch Abraham, die Übergabe des Segens an den Erstgeborenen von Abraham an Isaak, von Isaak an Jakob, dann, wie er Jakob durch den Engel genommen wurde, mit welchem er rang, hierauf, wie der Segen an Joseph in Ägypten kam und in ihm und seinem Weibe in einen höheren Grad der Würde trat, dann wie mit Reliquien Josephs und Asnaths, seines Weibes, durch Moses das Heiligtum des Segens aus Ägypten entführt, das Allerheiligste der Bundeslade, der Sitz des lebendigen Gottes unter seinem Volke ward; . . .".
Auf Seite lesen wir dann unter der Überschrift "Joachim empfängt den Segen der Bundeslade":
Ich sah hierauf, dass der Engel den Joachim des höchsten Gipfels, der heiligsten Blüte jenes Segens teilhaftig machte, den Gott dem Abraham gegeben und der endlich aus Joseph das Heiligtum der Bundeslade, der Sitz Gottes unter seinem Volke geworden war; er gab dem Joachim diesen Segen, in derselben Weise, wie mir bei anderer Gelegenheit gezeigt ward, dass Abraham durch einen Engel den Segen empfing, nur mit der Abweichung, dass der segnende Engel bei Abraham den Segen aus sich selbst, gleichsam aus seiner Brust, bei Joachim aber aus dem Allerheiligsten zu nehmen schien.