Die Titelfrage zur "Rosenkönigin" von Heroldsbach

Ein weltlicher Titel?


In Heroldsbach hat sich die Gottesmutter als Rosenkönigin vorgestellt. Als ich auf der Charismatismus-Seite der Felicitas Küble von der Kritik an der Titelsucht – so empfand ich das – der angeblichen Gottesmutter-Erscheinungen las und mir dabei gewisse, mir äußerst seltsam vorkommende Titel in den Sinn kamen, empfand ich auch den Titel „Rosenkönigin“ als zu wenig sakral. Es gibt ja sogar einen Film mit dem Titel „Die Rosenkönigin“, und da war die Rosenkönigin eine irdische Frau. Auch erinnerte mich die Rosenkönigin an Titel wie Bier- oder Weinkönigin.

Verwechselt es nicht mit der Rosenkranzkönigin!

Wenn die Gottesmutter unter dem Titel Rosenkönigin erscheint, stellt sich automatisch die Frage: „Rosenkönigin? Du meinst wohl Rosenkranzkönigin?“ Sie sagte aber „Rosenkönigin“. Dass diese Frage nun auch in angebliche Botschaften der Rosenkönigin hineingeraten ist, halte ich für überhaupt nichts Besonderes, zumal man weiß, dass es gewisse Schreiber sogar geschafft haben, Ballspiele der Kinder untereinander als Ballspiele mit der Erscheinung zu verkaufen. So soll auch die Gottesmutter zu den Seherkindern gesagt haben: „Verwechselt es nicht mit der Rosenkranzkönigin!“ Sollte das tatsächlich so gesagt worden sein, kann man das zwar noch im Sinne der Titel-Klärung zurechtrücken, es mutet aber doch wie eine Distanzierung von der uns bekannten Rosenkranzkönigin an, und ich würde mich da eher auf die Seite derer stellen, die so eine Aussage bereits als Totschläger der Marienerscheinung sehen.

Meine diesbezügliche Frage an ein noch lebendes Sehermädchen in Heroldsbach erbrachte jedoch die Antwort, die Gottesmutter habe gesagt, sie sei die Rosenkönigin. Hinsichtlich der Aussage von der Verwechslungswarnung mit der Rosenkranzkönigin verneinte sie deutlich.

Man sollte übrigens auch bedenken: Wäre in Heroldsbach der Teufel in Gestalt der Gottesmutter erschienen, hätte er sich doch nicht so plump verraten, indem er gesagt hätte: „Verwechselt es nicht mit der Rosenkönigin!“

Die Rosenkranzkönigin in der Lauretanischen Litanei

Der Rosenkranz ist ein so wichtiges Gebet, dass er offenbar Eingang in die Lauretanische Litanei finden sollte, wird ja diese meist auch im Anschluss an den Rosenkranz gebetet. Und offensichtlich hat sich da ein Papst dafür entschieden, ihn unter die Gruppe der Königin-Anrufungen mitaufzunehmen. Wer sich überlegt, wie man es hätte besser machen sollen, wird nicht so leicht eine Lösung finden. So enstand nun die Anrufung Regina sacratissimi Rosarii, auf Deutsch: Königin des hochgeweihten Rosenkranzes oder etwas kürzer: Königin des heiligen Rosenkranzes. Bekannt ist besonders aber die Anrufung Rosenkranzkönigin aufgrund des gleichnamigen schönen Liedes. Die Gottesmutter wird hier wohl weniger als die Königin der Gebetskette Rosenkranz gesehen denn vielmehr als die Königin dieses Gebetes. Sie wird dort ja häufig angerufen, insgesamt 53 mal dreimal, aber neben Gott Vater im Vaterunser wird sonst niemand mehr angerufen, sodass man über die Sinnhaftigkeit des Königin-Titels in Bezug auf dieses Gebet eine Diskussion losschlagen könnte. Es geht ja schließlich um die Heroldsbach-Frage: Was ist denn besser: Rosenkranzkönigin oder Rosenkönigin? Unterscheiden tun sich die Ausdrücke im Wort "Kranz"!

Überlegungen in Bezug auf das lateinische Wort für Rosenkranz

Im Lateinischen heißt Rosenkranz rosarium, im Englischen rosary. In beiden Wort-Varianten steckt das Wort Kranz nicht. Rosarium ist wie das ältere lateinische Wort roseum nur das Adjektiv zu rosa, im klassischen Latein eine Kollktiv-Bezeichnung für die Rosen, einen Rosenstock u.ä. Wörtlich müsste man rosarium eigentlich wie Rosiges übersetzen. Das klingt halt im Deutschen so blöd und lässt zudem an die Farbe rosarot denken. Substantivierte Adjektive sind im Deutschen selten. Ein ähnliches Problem hatte ich, als ich auf Wikipedia den Artikel über den orthodoxen Hymnus Agni Parthene schrieb und die Quelle Theotokarion ins Deutsche übersetzen wollte. Gottesgebärerisches? Ich übersetzte es, weil ich wusste, dass das Buch nicht groß war, mit Gottesgebärerin-Büchlein, erfand also das Büchlein hinzu. Damals war mir noch nicht bewusst, dass wir das lateinische Missale auch nicht wörtlich mit Messisches übersetzen, sondern mit Messbuch. Wir erfinden ein Buch hinzu, das ja gar nicht da steht. Und beim Rosenkranz haben wir eben den Kranz hinzuerfunden, obwohl doch nur Rosiges dasteht.

Rosenkönigin oder Rosenkranzkönigin?

Ist der Kranz nun noch notwendig, wenn wir dessen Königin meinen, auf den Ursprung zurückgehend, die Königin des Rosigen. Wenn wir wirklich genau sagen wollen, dass sie die königin des Rosenkranzes ist, brauchen wir das tatsächlich wieder, weil wir diesen nur im Wort Rosenkranz erkennen.

Aber geht es denn der Gottesmutter darum, dass sie die Königin dieses Gebetes ist, dieses Rosigen ist, dieses Rosenkranzes ist? Was ist denn der Rosenkranz? Die Rosen sind das Sinnbild für die Gnaden, die uns die Gottesmutter durch das Beten des Rosenkranzes geben will, die sie vermittelt. Will sie da nicht viel mehr sagen, etwa, dass sie die Königin dieser Gnaden ist, die Gnadenkönigin, die Rosenkönigin eben? Und nicht nur die Königin des Rosenkranz-Gebetes.

Die Gottesmutter ist übrigens Mittlerin aller Gnaden insofern, als sie uns die Gnade schlechthin, nämlich Jesus Christus, vermittelt hat. Das ist de fide. Das ist ein Dogma! Christus ist die personifizierte Gnade, und sie ist die Königin aller Gnaden, nicht nur des Rosenkranzgebetes.

Die sprachliche Beurteilung

Ich hatter erst vor Kurzem ein kleines Rosenkränzlein, das sog. Rosenkrönlein hier veröffentlicht (einfach nach "Rosenkrönlein" googeln). Wollte man nun die Gottesmutter Königin dieses Gebetes nennen, sollte man dann wirklich sagen: Rosenkrönleinkönigin? Ist das nicht dopptelt gemoppelt? Krönlein und Kranz ist aber fast dasselbe; beides verweist auf ein königliches Accessoire. Also ist doch Rosenkranzkönigin auch schon nahezu doppelt gemoppelt. Wenn wir nicht schon so daran gewöhnt wären, müsste man dieses Wort als sprachlich misslungen bezeichnen.

Die Gottesmutter ist aber nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich perfekt und nennt sich daher Rosenkönigin.

Zusammenfassung

Das Wort "Kranz" steht nicht im lateinischen Ausdruck für "Rosenkranz". Der Rosenkranz ist das Gebet, das uns die meisten Gnaden bringt. Und die Gottesmutter selbst ist die Königin dieser Gnaden, nennt sich daher Rosenkönigin.

Druckversion | Sitemap
© galli cantus